Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die geographische Brauchbarkeit einiger Projektionen. 
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getreu wiederzugeben vermag. Folgen wir dieser Erwägung, dann geben wir aus 
Liebe zur geringsten durchschnittlichen Maximalwinkelverzerrung eine Menge geo 
graphischer Vorteile, die die Mercator-Sansonsche Projektion besitzt, preis. 
Beide Projektionen sind flächentreu, beide Projektionen sind gleich gut für Flächen - 
ausmessungen geeignet. Anders steht es mit den Längenmessungen. Kann man bei 
der Azimutalprojektion auf der gesamten Karte von Afrika ostwestliche und nord- 
südliche, den wirklichen ‘Verhältnissen entsprechende Entfernungen wie auf der 
Mercator-Sansonschen Projektion abmessen? Nein. Verlaufen dort die Parallel 
kreise wirklich parallel zum Äquator wie hier? Nein. Sind dort die Parallelen von 
einander gleich weit entfernte Linien? Nein. All diese geographischen Vorteile eines 
Mercator-Sansonschen Entwurfes kann ein Azimutalnetz nicht ersetzen. Ganz 
abgesehen von der außerordentlich leichten Konstruierbarkeit der Mercator-Sanson 
schen Projektion werden die Geographen gut tun, sie auch fernerhin bei der Dar 
stellung des afrikanischen Kontinentes und von Südseegebieten nicht ganz zu ver 
gessen und dann und wann zu gebrauchen, wie es ja auch noch zu geschehen pflegt 1 
und vor drei Jahrhunderten in den Mercator- und Sansonatlanten bereits gepflegt 
wurde. Und ist dieser Entwurf gleich über dreihundert Jahre alt, ist er doch nicht 
so alt, daß er keine Anwendung mehr verdiene. 
Selbst auf Karten von Südamerika ist, wie die südamerikanischen Karten in 
Stielers Handatlas zeigen, die Mercator-Sansonsche Projektion ganz gut zu ver 
wenden, obwohl hier bei Beibehaltung eines geradlinigen Mittelmeridians auch 
eine transversale zylindrische Projektion mit zwei längentreuen Hauptkleinkreisen 
(Horizontalkreisen) nach Hammer zu empfehlen wäre. 1 2 In dem senkrecht sich 
schneidenden Koordinatenkreuz, selbst wenn die Kreuzung ausnahmsweise einmal 
nicht in der Mitte der Karte erfolgt, hegt ein wichtiges Moment, das der Karte für 
vielerlei geographische Beziehungen Halt gibt. Nur unter ganz besondern Fällen 
sollte von einem derartigen, das Bückgrat der Karte repräsentierenden Koordinaten 
kreuz abgegangen werden, wenn es sich z. B. um eine Totaldarstellung von Nord- 
und Südamerika handelt: Daß alsdann ein schiefachsiger flächentreuer Zylinder- 
entwurf mit längentreuem Grundkreise auch dem Geographen ein befriedigendes 
Bild gibt, davon hat uns 0. Winkel nach einer Anregung von Hammer überzeugt. 3 
1 Vgl. die Übersichtskarte der deutschen Besitzungen im Stillen Ozean und von Kiautschou 
von P. Sprigade und M. Moisel, Bl. 25 im Großen Deutschen Kolonialatlas. — C. Ulilig legte 
seiner Karte der ostafrikanischen Bruchstufe im zweiten Ergänzungsheft zu den wiss. Beiheften zum 
Deutschen Kolonialblatt (Berlin 1909) die Mercator-Sansonsche Projektion, von Uhlig „Sansonsche“ 
bzw. „Sanson-Flamsteedsche Projektion“ genannt, zugrunde. Für ein spezielleres Gebiet bleibt 
diese Projektion immer geeignet, selbst bei einem Gebiet von der Ausdehnung des Mittelmeeres, 
wie wir an Th. Fischers Karte der Verbreitung des Ölbaumes im Mittelmeergebiet sehen (P. M. 
Erg.-H. 147. 1904). — Für die topographische Karte der Niederlande wurde die Mercator-, c an son- 
sche gewählt; vgl. van Manen-Schols: Over het berekenen van de coordinaten der getrianguleerde 
punten voor de topografische-en rivier-kaarten, Haag 1881. — Für die Brauchbarkeit der Mercator- 
Sansonschen Projektion hinsichtlich der Karten von Afrika und Südamerika hatte sich auch Herrn. 
Berghaus eiwärmt (P. M. 1858, S. 69). 
2 E. Hammer: Über die geographisch wichtigsten Kartenprojektionen. Stuttgart 1889, 
S. 119ff. u. T. IV. 1. — Vgl. auch A. Bludau: Flächentreue Gradnetzprojektionen für die Karte 
von Süd- und Nordamerika und Australien. In Z. d. Ges. f. Erdkde. Berlin. XXVII. 1892. 
3 0. Winkel: Flächentreue, schiefaclisige Zylinderprojektion mit längen treuem Grund 
kreis für eine Karte von Nord-, Mittel- und Südamerika. P. M. 1909. Kartograph. Monatsbericht, 
Nr. 11 u. 12. 
Eckert, Kartellwissenschaft. I. 
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