Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die Grundlagen der topographischen Abbildungen. 
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(1776—1838) um die Ausbildung, bzw. Berechnung dieser sphärischen Koordinaten 
und ihre Einführung in die Landesvermessung das größte Verdienst erworben hat. 
76. Die Gaußschen Koordinaten. (Die Gaußsche Projektion.) Seitdem Gauß 
sich der Hannoverschen Landesvermessung angenommen hatte, ist es vielfach üblich 
geworden, aus gewissen Gründen (elegante und zweckmäßige Form der Ausgleichung 
und Herabminderung der Verzerrungsverhältnisse auf ein Minimum) die Dreiecks 
punkte der Landesaufnahme, die wir im vorhergehenden nach Soldnerschen Ko 
ordinaten zu berechnen gelernt haben, rechnerisch auf die Ebene konform abzu 
bilden. Der rechnende Geodät, der Gaußsche Koordinaten anzuwenden wünscht, 
ist übrigens nicht genötigt, dies auf dem Umweg über Soldnersche Koordinaten 
zu tun, sondern es können die Gaußschen Koordinaten nach den in den Landesauf 
nahmen üblichen Kechenformeln unmittelbar für die Eckpunkte der trigonometrischen 
Netze gewonnen werden. 1 
Es sei hierbei daran erinnert, daß in den Dreiecken der Landesaufnahme stets 
mehr Größen gemessen werden als zur eindeutigen geometrischen Bestimmung an 
sich nötig wäre. Wegen der unvermeidlichen kleinen Messungsfehler führen alle diese 
Messungen daher notwendigerweise zu gewissen Widersprüchen. Indem man diese 
Widersprüche nach bestimmten allgemein üblichen Bechenprinzipien (Prinzip der 
Methode der kleinsten Quadrate) verteilt, gelangt man zu genauem Endergebnissen. 
Diese sogenannte Ausgleichungsarbeit bildet einen sehr erheblichen Teil der gesamten 
Bechenmühe von Landesvermessungsarbeiten. Die Ausbildung ihrer Technik ist der 
wichtigste Bestandteil der ganzen dabei verwandten geistigen Arbeit. Über die Aus 
bildung dieser Ausgleichungsmethoden zu geodätischen Zwecken besteht eine um 
fängliche Literatur. 
Die Bolle, die die Ausgleichungsrechnung bei den Arbeiten der Landesvermessung 
spielt, ist so hervortretend, daß sie auch die Methoden der Messung und zum Teil sogar 
die Wahl der Koordinatensysteme beherrscht. Wird das gesamte Dreiecknetz der 
Landesvermessung in Gaußschen konformen Koordinaten ausgedrückt, gestaltet 
sich die Ausgleichung der Beobachtungsfehler besonders einfach und übersichtlich. 
Übrigens wird hier der Kürze wegen der Ausdruck ,, Gaußsche Koordinaten“ gebraucht, 
auch dann, wenn in der wirklichen Landesvermessungspraxis konforme Koordinaten 
systeme Anwendung finden, die, auf Gaußsche Arbeiten mehr oder weniger fußend, 
von anderer Seite ihre Ausbildung erfahren haben. 
Hat man bisher gesagt, daß es an einem zwingenden Grund gefehlt hat, die 
Gaußschen Koordinaten in der von L. Krüger gegebenen Form, darum auch ,,Gauß- 
Kriigersche Koordinaten“ genannt, einzuführen, liegt doch ein groß Teil Schuld in 
dem Beharrangsvermögen des Staatsorganismus, nach dem alte lieb gewordene 
Methoden nicht mit einem Male über Bord geworfen werden, selbst wenn sich Neues 
und weit Besseres in noch so eindringlicher Weise präsentiert. Auch hier hat der Krieg 
einen beachtenswerten Anstoß gegeben. Die neuen Forderungen gewisser Kriegs 
karten, insbesondere des Pl^pmaterials für weittragende Geschütze, haben die Zweck 
mäßigkeit der Gaußschen Koordinaten hervortreten lassen, weil die darauf gebauten 
Teilsysteme, innerhalb deren Grenzen die Einzelvermessungen als ebene behandelt 
werden können, 200 km in ostwestlicher Dichtung betragen (für Kriegskarten kann 
1 Mit andern Worten: Der Wert der Gaußschen Formeln besteht darin, daß sie mit Um 
gehung der doppelten Übertragung vom Ellipsoid auf die Ebene aufgestellt sind.
	        
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