Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Das Kartennetz. 
Durch General 0. Schreiber war in der preußischen Landesaufnahme eine 
rechnerische Methode ausgebildet worden, um die rechtwinkligen sphärischen Ko 
ordinaten zunächst auf eine Kugel und alsdann von der Kugel auf eine Ebene abzu 
bilden. Dieses Verfahren führt den Namen „konforme Doppelprojektion“. Die 
Praktiker der preußischen Landesaufnahme schreiben ihm besondere Vorzüge zu 
bei der Ausgleichung der Beobachtungsfehler im Dreiecknetz. Im einzelnen erfolgt 
die Berechnung beim ersten Übergang (von Ellipsoid auf die Kugel) nach einem 
Gaußschen Grundgedanken, beim zweiten Übergang (von der Kugel zur Ebene) 
nach dem Gedanken der Mercatorprojektion. 1 
77. Die Soldnersche Projektion. Wenn man die als rechtwinklig sphärische, 
bzw. Soldnersche Koordinaten ausgedrückte horizontalen Strecken der x und y 
unserer Dreieckspunkte (Bild 1) wie ebene rechtwinklige Koordinaten auf dem Papier 
aufträgt, um danach großmaßstabige Karten zu konstruieren, sagt man, diese Karten 
seien in Soldnerscher Projektion entworfen, obwohl eine Projektion im eigentlichen 
bzw. üblichen Sinne nicht vorliegt. 
Uns interessiert hier vorzugsweise die Anwendung dieser Abbildungsart auf 
topographischen Karten. In der Hauptsache werden wir da zu Kartenwerken geführt, 
die in Süddeutschland entstanden sind. Die großmaßstabigste ist die in 15572 Blättern 
ausgeführte württembergische Flurkarte in 1 : 2500. 1 2 Die Elurkarten sind auf 
dem sphärisch-rechtwinkligen Koordinatensystem aufgebaut. Statt Quadrant heißt 
es für die Flurkarten Nordost-, Südost-, Südwest- und Nordwestregion. Die trapez 
förmigen Erdoberflächenstücke, durch die sphärischen Koordinaten umrahmt, werden 
von der Projektionsmitte aus nach N und nach S als Schichten bezeichnet und mit 
römischen Zahlen beziffert und nach 0 und W als Beihen oder Nummern mit arabischer 
Bezifferung. Bei der Übertragung der trapezförmigen Stücke, deren Längen zu je 
4000 württembergischem Fuß — 1145,69 m angenommen worden sind, wurden sie 
auf der Ebene als gleich große Quadrate abgebildet. 3 Je einem Quadrat entspricht eine 
württembergische Flurkarte. Bei der ganzen Abbildungsart setzt man eine kugel 
förmige Erdoberfläche voraus. Die Nichtberücksichtigung der Abplattung hat auf 
die Karten eines so kleinen Landes wie Württemberg keinen Einfluß. 
Die Trapeze der Kugel oder des Sphäroids durch Quadrate in der Kartenebene 
nachzubilden, kann nur bis zu einer gewissen Grenze vom Meridian des Nullpunktes 
aus nach 0 und W erfolgen; denn mit der Entfernung von der Kartenmitte werden die 
trapezförmigen Stücke in der Natur etwas kleiner. Bei den württembergischen Blättern 
des äußersten 0 und W entsprechen wohl noch die Nord- und Südränder den Ab 
messungen auf der Kugel, aber die Ost- und Westränder sind um 0,06 mm zu lang. 
1 Daher die nicht ganz passende Bezeichnung „Doppelprojektion“. Beide Vorgänge muß 
man eben genau auseinanderhalten. Darum wird auch das Wesen dieser Abbildungsart selten richtig 
erfaßt. Ich glaube nicht, daß derjenige ein klares Bild gewinnt, der die einschlägigen Kapitel in 
E. Häntzschels „Erdsphäroid und seine Abbildung“, Leipzig 1903, durchstudiert hat. — Man 
vgl. auch die Besprechung über Häntzschels Erdsphäroid von O. Galle in Z. d. Ges. f. Erdk. zu 
Berlin 1904, S. 534ff. 
2 Die Angaben hierüber hat A. Egerer, der Vorstand der topographischen Abteilung des 
Württembergischen Statistischen Landesamtes in Stuttgart, in seiner Kartenkunde, a. a. O., gut 
zusamm engestellt. 
3 Ein Quadrat mit der Seitenlänge 
1145,69-1000 
2500 
= 458,28 mm.
	        
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