Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Gradnetze der topographischen Kartenwerke. 
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Polyederprojektion überhaupt nicht’paßt, darüber mehr in dem Kapitel über die 
zulässigen Fehler groß maßstabiger Karten. 
Die Gradkarten kann man sich auch in anderer Weise entstanden denken. Für 
jede Zone der auf gleicher Breite befindlichen Kartenblätter nimmt man eine Kegel 
projektion an, bei der der Mantel den Mittelpunkt berührt. Dieser und die Breiten 
werden längentreu abgebildet. Auch die Breitendifferenzen entsprechen genau denen, 
wie wir sie auf dem Sphäroid finden. Dadurch erhält man für jede Projektionszone 
einen andern Grundkegel. Der Abwicklungsvorgang hat zu dem Namen poly 
konische Projektion geführt. Am einfachsten hat man die polykonischen Ab 
bildungen durch die Forderung definiert, daß die Parallelkreise durch ein System 
von Kreisen abgebildet werden, deren Mittelpunkte in gerader Linie liegen. 1 Praktisch 
verwendet sind bisher nur zwei poly konische Abbildungen, die polykonische Pro 
jektion des Coast Survey Office der Vereinigten Staaten 1 2 und die rechtschnittige 
polykonische Projektion des englischen War Office. 3 Bei Lichte besehen ist der 
polykonische Entwurf nichts anderes als eine Art Polyederprojektion. 4 
Aus dem Wesen der poly konischen oder richtiger polyedrischen Projektion ist 
es erklärlich, daß nur Karten innerhalb der Zonen selbst aneinanderpassen, dagegen 
die Ränder zweier benachbarter Zonen nicht auf einem Kreise liegen, sondern auf 
zwei Kreisen mit verschiedenen Mittelpunkten. Die dadurch entstehenden Zwischen 
räume werden mit der Entfernung vom Mittelpunkt immer größer. Die Zonen klaffen, 
wie man sagt. Doch sind die Nachteile, daß mehrere Blätter ohne Klaffe nicht ver 
einigt werden können 5 , verschwindend gegenüber den Differenzen, die bei dem Re 
produktionsvorgang des Kartenblattes entstehen. Neben andern hat sich M. Rosen- 
mund mit dem Problem beschäftigt und nachgewiesen, daß z. B. bei einer Karte 
der Schweiz in 1 : 100000, deren Einzelblätter die Höhe derjenigen der Dufourkarte 
haben, die Zonen an der äußersten Osi- und Westgrenze erst 0,15 mm auseinander 
klaffen, ein Betrag, der gegen die Verzerrung des Papiers beim Druck gar nicht in 
Frage kommt. 6 
80. Topographische Karten ohne Gradabteilung, insbesondere die Bonnesche 
Projektion. Die Gradabteilungskarten haben das Bestreben, innerhalb ihres ver 
hältnismäßig engen Bereiches keine merklichen Verzerrungsfehler aufkommen zu 
lassen. Neben ihnen findet sich in nennenswertem Maße nur noch die Bonnesche 
Projektion benutzt, die ein ganzes Land nach einem einheitlichen Projektionssystem 
abbildet und infolgedessen mit sehr merklichen Verzerrungsfehlern rechnen muß. 
Die Flächentreue spielt dabei die Hauptrolle. 
Der französichse Ingenieurgeograph Rigobert Bonne 7 (1727—1795) hat 
1 Tissot-Hammer, S. 156. 
2 Tafeln zur leichtem Konstruktion des Netzes bei J. E. Hilgerd: Report of the Superintend. 
Coast survey 1859, Appendix 33, S. 328. — Projection tables of the U. S. Navy. Washington 1869. 
— R. S. Wood ward- Smithsonian geographical tables. Washington 1894. 
3 H. James i. Joum. Roy. Geogr. Soc. XXX. 1860, S. 106. — Tissot-Hammer, S. 161. 
4 Was man dann dazu sagen soll, wenn die Projektion der Weltkarte 1 : 1000000 nach der 
Londoner Konferenz den Namen „modifizierte polykonische Polyederprojektion“ erhielt überlaß 
ich jedem, der nur einigermaßen etwas von Projektionen versteht. Vgl. oben S. 109, 110. 
5 4 bis 9 Blätter können ganz gut miteinander verbunden werden. 
6 M. Rosenmund, a. a. O., S. 22. 
7 Nicht zu verwechseln mit dem etwas später lebenden Obersten Henry Bonne, der auch
	        
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