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Das Kartennetz.
Akademiemitglieder und war 1693 erschienen. Frankreich blieb seit jener Zeit rege
in der Landesvermessung, und es sollten auch späterhin die Nachbarstaaten viel davon
profitieren.
Infolge der Überflutung der französischen Kriegswelle über die Ostgrenzen des
Reiches während des 18. Jahrhunderts war es natürlich, daß die in Mitleidenschaft
gezogenen Staaten zunächst unter französischen Einfluß kamen. Damals war der
französische Sieger noch imstande, Kulturwerte mitzuteilen. Zunächst war Süd
deutschland mit dem französischen Yermessungswesen bekannt geworden, was sich
in den neu einsetzenden Kataster- wie topographischen Aufnahmen kundgab. In
Württemberg gab J. G. Fr. Bohnenberger eine Karte 1 : 86400 nach der Cassini-
schen Projektion heraus, deren erstes Blatt 1798 erschien. Als später die württem-
bergische Landestriangulierung unter seine Leitung kam, wurde die Cassinische
Projektion in der von Soldner verbesserten Form für die Kataster Vermessung ein-
geführt und bei dem auf diesen Messungen fußenden Topographischen Atlas 1 : 50000
beibehalten. 1
In Italien, wo die Franzosen das Yermessungswesen wie in Süddeutschland
organisiert hatten, war es die Carte topographique des Alpes von Baimond, in
1 : 200000, die Cassinischen Entwurf zeigte. Die Karte selbst wurde im Dépôt de la
guerre in Paris ausgeführt und 1820 publiziert. 1814 nahmen die Österreicher das
lombardisch-venetianische Königreich in Besitz und das Dépôt de la guerre in Mailand
wurde zu einem „I. R. Istituto geografico militare“, das 1839 nach Wien verlegt wurde
und sich zum „k. k. Militärgeographischen Institut“ auswuchs. 1 2 Während jener
Zeit sind verschiedene Karten nach Cassinischem Entwurf erschienen, so in dem
Maßstab 1 : 86400 die Carta topografica dei ducati di Parma, Piacenza e Guastalla
(1828) und die Carta topografica del Regno Lombardo Veneto (1833).
Die Cassinische Projektion wurde 1806 durch den k. k. Generalquartiermeister
stab für die Vermessung des österreichischen Kaiserstaats in Anwendung gebracht. 3
Die ältern „Aufnahmssektionen“ der Militärmappierung 1:28800 erscheinen ganz
in Cassinischer Art, desgleichen die 1810 begonnene „Spezialkarte der Monarchie“
1 : 144000 (2000 Klafter = 1 Wiener Zoll). Später ist man bald, nachdem man
nicht mehr an Bonne gefesselt war, zur Gradabteilungskarte übergegangen.
Am auffallendsten ist der Einfluß des französischen Vermessungswesens in der
Annahme der Bonneschen Projektion in topographischen Kartenwerken. Bei den
Geographen war die Bonnesche Projektion vor ihrer Annahme durch das Dépôt de
la guerre längst im Gebrauch, aber durch letzteres erhielt sie ein Ansehen, „daß man
sich allmählich daran gewöhnte, die Projektion als die eigentlich selbstverständliche
zu betrachten“. 4 In Süddeutschland war es Bayern, das wohl für seine Kataster
vermessung die Soldnerschen Koordinaten gebrauchte, für die topographische Karte
jedoch die Bonnesche Projektion vorzog. Für alle Karten des Großherzogtums Baden,
die 1825—1846 aufgenommen wurden, war sie die gegebene. Württemberg schloß
1 W. Jordan u. K. Steppes: Das deutsche Vermessungswesen. T. Stuttgart 1880, S. 252—270.
2 Vgl. V. Haardt v. Hartenthurn: Die militärisch wichtigsten Kartenwerke der europäischen
Staaten. Mitt. des k. k. militärgeogr. Inst. XXVII. 1907. Wien 1908, S. 155.
3 W. Hartl: Die Projektionen der wichtigsten vom k. k. Generalquartiermeisterstabe u. vom
k. k. nulitärgeograph. Inst, herausgegebenen Kartenwerke. Mitt. des k. k. militärgeogr. Inst. VI.
Wien 1886, S. 148.
4 E. Hammer: Über d. geogr. wicht. Proj., a. a. O., S. 109, Anm.