Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Geograph und Geodät. 
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graphie in manchen Zeiten raschere Fortschritte gemacht haben würde, wenn sie mit 
Astronomie, Geodäsie und Nautik immer Fühlung behalten hätte. 1 F. v. Richthofen 
gedenkt in seinen ausführlichen Erörterungen über die Aufgaben und Methoden der 
heutigen Geographie in kurzen Worten des Geodäten und Geographen, indem er darauf 
hinweist, daß die exakten Messungen der hohem Geodäsie der heutigen Zeit, die durch 
die Verschärfung der Methoden und Instrumente ermöglicht wurden, dem Arbeits 
gebiete des Geographen beinahe entrückt sind. Zu den Aufgaben der hohem Geodäsie 
rechnet v. Richthofen die Bestimmung der Erdgestalt, ihre geometrische Einteilung 
und die richtige Konstruktion der Landkarte. 2 Damit wird lediglich gesagt, daß der 
Geograph von der Landkartenkonstruktion ausgeschlossen sei, nicht aber von der 
Kartographie im allgemeinen, in welchem Sinne A. Penck die Richthofenschen Er 
örterungen auffaßt. 3 Penck schenkt dem Thema „Geodät und Kartographie“ etwas 
mehr Aufmerksamkeit als v. Richthofen. Man kann ihm folgen, wenn er sagt, daß die 
Geodäsie den festen Rahmen zur Darstellung der Erdoberfläche liefere und die Karto 
graphie ihn ausfülle. 4 Die Kartographie ist hier im weitesten Sinne gefaßt. In dem 
Zusammenhang der Penckschen Ausführungen hätte besser „Topographie“ statt 
„Kartographie“ gepaßt. Nach deutschem Fachsprachgebrauch bildet die Topographie 
einen Teil der Geodäsie; im Ausland ist Topographie = niedere Geodäsie. In Deutsch 
land hat sich die höhere Geodäsie in dem Geodätischen Institut in Potsdam von der 
Landesaufnahme abgespalten und dient der Erdmessung als einer naturwissenschaft 
lichen Aufgabe. Das geodätische Institut ist durchaus Forschungsinstitut, eine Arbeits 
gemeinschaft mit der Landesaufnahme dürfte nur dann von Segen sein, wenn die wissen 
schaftliche Freiheit dieses Institutes in keiner Weise angetastet würde. 
Die Hauptaufgabe der Landesvermessung ist, ein das gesamte Staatsgebiet über 
deckendes Netz von Punkten in bezug auf einen als gegeben anzusehenden Festpunkt 
geometrisch zu bestimmen. Um diese Aufgabe zu lösen, muß sie Horizontal- und 
Vertikalmessungen ausführen. Die geodätische Arbeit wird jederzeit in dem Genauig 
keitsnachweis der ihr zugehörigen Vermessujigsaufgaben gipfeln. In der Methode der 
kleinsten Quadrate hat Gauß dem Vermessungswesen eine Rechnungsmethode ge 
geben (s. S. 188), nach der es möglich ist, aus der Gesamtheit der Messungen möglichst 
genaue Ergebnisse abzuleiten und den Grad der Genauigkeit anzugeben. Auf dem 
Gebiete der topographischen Landesaufnahme, also da, wo sich Geodät und Geograph 
begegnen, ist diese Methode freilich nur ausnahmsweise einfach genug, um angewendet 
zu Averden. 
Man wird von dem Geographen nicht verlangen, das Präzisionsnivellement 
und die verschiedenen Methoden trigonometrischer Feinaufnahmen zu beherrschen; 
doch darüber sollte er sich klar sein, bis zu welchem Grad der Genauigkeit das Gelände 
durch die verschiedenen Meßverfahren aufgenommen werden kann. Er selbst muß die 
einfachem Verfahren erprobt haben und sich mit den Instrumenten und ihren Fehlern 
1 H. Wagner, a. a. O., S. 44. 
2 F. v. Richthofen: Aufgaben u. Methoden der heutigen Geographie. Leipzig 1883, S. 26, 27. 
3 A. Penck: Der Krieg und das Studium der Geographie. Z. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin. 1916, 
S. 239, 240. 
4 Durch diese Ausführungen macht Penck gewissermaßen wieder gut, was er seinerzeit in 
seinen Studien über Geländedarstellung (Neue Karten u. Reliefs der Alpen. Leipzig 1904, S. 4) ver 
sehen hat, wo er sagt, „daß eine strengsten mathematischen Anforderungen genügende Wiedergabe 
der Unebenheiten der Erdoberfläche noch keine Karte ist“, welchen Satz E. Hammer schon als bloße 
„Redensart“ rügte (G. J. XXIV. Gotha 1902, S. 45). 
Eckert, Karten wissen schaft. I. 
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