Geograph und Geodät.
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Wirkung des Menschen und Verwitterungseinflüsse in 240 Jahren ein allgemeiner Rück
gang der stehenden Gewässer erfolgt ist, der sich hauptsächlich im Verschwinden
einer auffallend großen Zahl von kleinen Seen äußert, daß sich das Areal des Waldes
seit dem 17. Jahrhundert zwar wenig verändert, dagegen das der Rebe ständig ge
ändert und vergrößert hat. 1 Das läßt sich bereits an topographischen Karten nacli-
weisen, deren Genauigkeit noch nicht auf der heute gepflegten Höhe steht, wieviel mehr
geben wir durch moderne topometrische Karten der Zukunft ein vielseitiges und ver
läßliches Vergleichs- und Untersuchungsmaterial. Unsre Nachfahren werden uns
dafür doppelt dankbar sein.
Das Messen einzelner Höhepunkte und Neigungsverhältnisse ist auf jeder Iso
hypsenkarte möglich. Nur der Grad der Genauigkeit ist ein unendlich wechselnder.
Je größer der Maßstab, desto genauere Ergebnisse, d. h. den natürlichen Verhältnissen
immer mehr entsprechende Werte erhalte ich, vorausgesetzt, daß die Güte der Karte
mit der Maßstab Vergrößerung stetig zunimmt. Ein hoher Grad von Vollkommenheit
wird erreicht, wie wir später noch erkennen werden, bei einem Maßstab 1: 5000. Aber
auch die topographische Grundlage der Karten kleinern Maßstabs kann nicht genau
genug sein. Die Zeiten, wo Hammer schrieb, „daß eine geographische Karte eines
Kulturlandes, selbst in kleinem Maßstabe, ohne die Unterlage der topographischen
Originalblätter heutzutage gar nicht mehr denkbar ist oder wenigstens sein sollte“ 1 2 ,
sind heute noch nicht endgültig überwunden.
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86. Die topometrische Grundkarte oder die Einheitskarte. An Stelle des zaghaften
Einfühlens von seiten des Geographen in das Gebiet topographischer Karten muß
eine bewußte Forderung nach Höhenkarten größten Maßstabs Platz greifen. Ich bin
der Meinung, daß dem Geographen jetzt und künftighin mit einer topometrischen
Grundkarte oder Einheitskarte in 1: 5000 in jeder Weise gedient ist. Das Jordan-
sche Projekt einer Einheitskarte für das,gesamte Deutsche Reich in 1: 2500 mit Höhen
linien scheidet vorderhand ganz aus. Der Maßstab 1: 10000 wäre wohl noch zu erwägen;
indessen setzt er an die wahrheitsgetreue Wiedergabe verschiedener Naturobjekte zu
große Anforderungen, die zu erfüllen oft schwer fällt (s. oben). Die Karten 1:5000
sind jederzeit photographisch leicht auf 1: 10000 zu reduzieren und bleiben alsdann
immer noch gebrauchsfähig, ohne Neubearbeitungen zu fordern. Wenn einmal etwas
Neues und Großes geschaffen wird, dann soll es gleich in der Weise geschehen, daß es
den weitesten Kreisen dient und den vielseitigsten Nutzen hat, damit nicht nach einigen
Jahrzehnten schon wieder der Wunsch nach einem großem Maßstabe oder das Be
dauern, früher nicht schon Großmaßstabiges geleistet zu haben, allgemein rege wird.
So sehr ich mich über die ausgezeichnete neue Topographische Landeskarte von Braun
schweig in 1:10000 freue, die also im Maßstab weder den topographischen Neuauf
nahmen in Preußen, noch denen in Württemberg entspricht, sondern zwischen beiden
liegt und nach dem Ausspruch C. Ivoppes, des Leiters und Herausgebers der Karte,
gleichsam einen durch die speziellen Verhältnisse bedingten Kompromiß zwischen
ihnen bildet, muß ich doch bedauern, daß sie nicht in 1: 5000 aufgenommen und heraus
gegeben wurde, dann hätte sicher ein Teil Norddeutschlands eine mustergültige Karte
1 H. Walser: Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kantons Zürich seit der Mitte
dos 17. Jahrhunderts. XV. Jahresbericht der Geogr. Ges. von Bern. 189G.
2 E. Hammer in P. M. 1897, LB. Nr. 478, S. 131.
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