Geschichte und Bewertung der Kartenaufnahme.
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ist bis jetzt noch nicht gefunden und dürfte auch nicht gefunden werden. In der
rationellen und praktischen Anordnung und Kombination der verschiedenen Auf
nahmemethoden wird das Wesen der Landesaufnahme der Zukunft bestehen.
Die künftigen Aufnahmen haben noch eine andere Aufgabe zu erfüllen; sie
müssen im fertigen Kartenblatt klar und unzweideutig sagen, auf welchen Aufnahme
methoden das Gelände beruht und damit zusammenhängend, wieweit die Karte
zuverlässig ist. Nach dieser Richtung tappt der Kartenbenutzer meistens im Finstern,
und zeitraubende Arbeit, An- und Rückfragen hellen erst das Dunkel auf. Neben
einzelnen schwachen Ansätzen und Einzelstudien, wie z. B. die von H. Fischer
über das Aufnahmematerial von Vorderasien 1 , hat die österreichische Generalkarte
von Mitteleuropa in 1 : 200000 ein hübsches Vorbild gegeben; in einer kleinern Sonder
übersicht werden auf den Kartenblättern des Balkangebietes die Räume bezeichnet,
die in der Karte verläßlich sind, und für die das Aufnahmematerial fehlt. Die Öster
reicher sprechen von einer „Verläßlichkeitsklausel“, ich nenne es „Verläßlichkeits
diagramm“. Es war nicht ohne Bedeutung für die Truppe im Weltkriege und er
schien auch auf englischen Karten sowohl wie auf deutschen, und zwar nur auf den
großmaßstabigen, auf den deutschen in 1:10000 und 1:25000, auf den englischen
in 1 : 20000 und 1 : 40000. In einem kleinen Sonderbild am Kartenrand, das den
Umfang der Hauptkarte wesentlich verkleinert wiedergab, war angegeben, was sich
auf altes und neues französisches Kartenmaterial und was sich auf eigene Auf
nahmen stützte. Auf den deutschen Karten sahen wir sogar noch eine weitere Dif
ferenzierung der kartographisch verbesserten Gebiete auf Grund von Beutekarten,
von Flieger- und stereophotogrammetrischen Aufnahmen. Damit wird neben andern
auch der künftigen topographischen Karte ein Weg gewiesen. Ein Muster dieser
Art hat Fr. Scheck mit seiner Karte des Zahmen' Kaisers in 1 : 10000 gegeben. 1 2
Aber nicht bloß diese großmaßstabigen Karten, sondern auch die Landkarten kleinern
Maßstabes sollen sich bemühen, das Verläßlichkeitsdiagramm oder etwas Ähnliches
zu bringen. Dann werden die Kartographen und noch mehr die Geographen ein
leichteres Arbeiten haben und sicher vor vielen Irrtümern bewahrt bleiben.
B. Die Aufnahmemethoden und ihre geographische Kompetenz.
I. Geschichte und Bewertung der Kartenaufnahme.
105. Die Zielsetzung topographischer Aufnahmen. Hierbei kann es sich für
mich nicht darum handeln, eine Geschichte und Bewertung der Vermessungen zu
schreiben, was nicht in das Gebiet meiner Untersuchungen gehört, die in der Haupt
sache Geographen und Kartographen gelten, und nicht Geodäten. Schöpfen diese
einige Anregungen aus meinen Erörterungen, soll es mir nur recht sein. Wenn ich
1 H. Fischer: Geschichte der Kartographie von Vorderasien. P. M. 1920, S. 82ff. Dazu
Karte T. 22.
2 In den Mitt. d. Geogr. Ges. in München. VII. 1921. T. 7. Neben der Hauptkarte ist ein kleines
Übersichtskärtchen als Verläßlichkeitsdiagramm angebracht, worauf die Gebiete einzeln unterschieden
werden, die nach einfachen und stereoskopischen Bildern auf genommen oder tachymetrisch oder m.
Meßband u. Bussole oder durch flüchtige Aufnahmen und zuletzt die an die Kurven der öster. Original
aufnahme angeschlossen sind.