Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die flächenhafte Topographie. 
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Wie schmerzlich empfinden Reisende, die ursprünglich ans Aufnehmen gar 
nicht dachten, sich plötzlich vor die Aufgabe gestellt, von dem Gebiet, das sie er 
forschen wollen, erst eine brauchbare Karte zu schaffen, wozu die primitiven Aller 
weltsverfahren, die Entfernungen durch Schrittzählen, die Azimute durch Kompaß 
peilungen und die Höhen durch Aneroidablesungen zu bestimmen, nicht ausreichen. 
Wäre ihnen vorher auf technischen Hochschulen oder Universitäten Gelegenheit 
geboten worden, sich genauer über die Anlage von Vermessungen zu orientieren, so 
hätten sie sich auf der Reise viele Mühe erspart und mit geringer Mühe ein besseres 
Ergebnis erzielt, wie sehr richtig A. Wedemeyer bei Gelegenheit der Beurteilung 
des Triangulationsnetzes von Fr. Jägers Karte des Hochlandes der Riesenkrater 
in Ostafrika hervorhebt. 1 Ich versäume nicht, die kartographischen Arbeiten von 
Fr. Jäger und C. Uhlig, jener über das „Hochland der Riesenkrater und die um 
liegenden Hochländer Deutsch-Ostafrikas“ und dieser über die „Ostafrikanische 
Bruchstufe“ 1 2 , als ausgezeichnete Lehrbeispiele, wie man bei einfachen Vermessungs 
arbeiten in Kolonialländern verfahren soll, namhaft zu machen. Geht Uhlig mehr 
auf Itineraraufnahmen aus, so Jäger mehr auf Flächendeckung. 
Flächendeckung ist das Ziel jeglicher Topographie, sogar der Routenaufnahme, 
wenn das Netz der Kreuz- und Queraufnahmen immer enger geschlossen wird, be 
sonders durch einen Aufnehmer, wie es beispielsweise durch v. Prittwitz und Gaffron 
in Deutsch-Ostafrika ausgeführt worden ist. Das Itinerar haftet zu sehr am einzelnen, 
während die Flächendeckung das Große und Ganze im Auge hat und Kleinformen 
des Geländes, sobald sie nicht charakteristisch oder prominent auftreten, vernach 
lässigt. Es findet sodann schon im Felde ein Generalisieren der Geländeformen statt. 
Viel wichtiger ist es, sobald ein Neuland kartographisch fixiert werden soll, die großen 
Geländezüge, den Zusammenhang der Täler und Flußsysteme zu erfassen, als sich 
in zeitraubende und für das Ganze wenig in Belang kommende Einzelheiten zu ver 
lieren, wie Aufzeichnung unwesentlicher Geländeunebenheiten, unwesentlicher Hügel- 
und Talformen usf. 
115. Flächendeckung mit wenigen Aufnahmeinstrumenten. Krokiertisch, nicht 
Peiltisch. Wie man im Anschluß an einige wichtige Festpunkte mit wenigen In 
strumenten, selbst ohne Theodolit, die Flächendeckung bewirken kann, zeigt Fr. Jäger. 
Das Dreiecknetz hat er sich mit Hilfe von Krokiertisch und Diopterlineal geschaffen. 
Die Gegend der Riesenkrater im Hochland Deutsch-Ostafrikas war für dieses Ver 
fahren, das ich kaum als behelfsmäßige Triangulation bezeichnen kann, günstig, und 
so kann es nicht wundernehmen, daß bei sonstiger Sorgfalt und Mühe des Auf 
nehmenden ein leidlich zufriedenstellendes Resultat erzielt wurde. Wenn aber Jäger 
daraufhin freudig erregt zu dem Schluß kommt: „Es kann somit auch ein mit der 
Handhabung des Theodolits und mit astronomischen Messungen nicht vertrauter 
Aufnehmer eine in sich richtige Karte liefern“ 3 , ist dieser Ausspruch mit großer Vor 
sicht aufzunehmen, denn es könnte andere Aufnehmer in ganz anders geartetem, 
1 A. Wedemeyer innerhalb der Abhandlung von F. Jäger: Das Hochland der Riesenkrater 
und die umliegenden Hochländer Deutsch-Ostafrikas. Erg.-H. 4 der Mitt. aus d. deutsch. Schutzgebieten. 
Berlin 1911, S. 25. 
2 C. Uhlig: Die ostafrikanische Bruchstufe. Teill. Die Karte. Erg.-H. 2 der Mitt. aus d. deutsch. 
Schutzgebieten. Berlin 1909. 
3 Fr. Jäger, a. a. O., S. 22.
	        
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