Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Karteuaufnahme. 
treten können, zeigt das Vorgehen der argentinischen Landesaufnahme unter der 
Leitung von P. Gast in den Jahren 1906—1909. 1 
119. Zur Geschichte der Triangulierung. Die altern Triangulierungen. Dem 
Aufschwung und der schnellen Entwicklung der Triangulierung liegen zwei Motive 
zugrunde, einmal das wissenschaftliche Interesse an der Erkenntnis der Erdgestalt 
und sodann die Einsicht von dem Werte guter topographischer Karten für militärische 
Zwecke. 1 2 Die eigentliche Entwicklung drängt sich auf rund hundert Jahre der 18. 
und 19. Jahrhunderts zusammen, während die Spuren der Triangulierung schon in 
altersgraue Zeiten zurückreichen. In großtuerischer Weise schreiben die. Chinesen 
in ihrer Geschichte, daß sie bereits 8000 v. Chr. die Kunstfertigkeit besaßen, Gegenden 
aufzunehmen. Sichere Nachweise gibt erst das 4. Jahrhundert nach Christus. Bei 
den alten chinesischen Aufnahmen wurde keinesfalls trianguliert; es handelt sich 
dabei um einfache Geviertaufnahmen in der Weise, daß die Geviertseiten ein be 
stimmtes chinesisches Längenmaß ausdrücken. 3 Auch suchen wir auf den chine 
sischen Karten vergeblich nach Angaben und Tatsachen, die auf astronomische Längen- 
und Breitenbestimmungen zurückgehen. Bei den im 17. Jahrhundert von katho 
lischen Missionaren vorgenommenen Dreiecksmessungen handelte es sich, wie bereits 
bemerkt, um einige untergeordnete Teilmessungen. Dagegen waren die alten ägyp 
tischen Landmesser mit den hauptsächlichsten Triangulationsmethoden vollständig- 
vertraut. Lyons hat uns mit diesen Arbeiten näher bekannt gemacht, er gibt zugleich 
Abbildungen aus Theben, die die alten Landmesser bei der Arbeit zeigen. 4 Höchst 
wahrscheinlich waren auch die alten Mexikaner mit der Dreiecksmessung ver 
traut; denn wir hören, daß besondere Beamte (Landmesser) die Katasterkarten auf 
dem Laufenden zu halten hatten, da alles Eigentum wegen der Steuereinnahme ver 
messen war. 5 
Das mönchisch denkende Mittelalter war exakten mathematischen Aufgaben 
nicht zugänglich. Mit der Renaissance und der Wiederbelebung des Ptolemäus er 
wachte das Bedürfnis nach guten Karten. Gute Karten aber müssen in der Natur 
aufgenommen werden. Man grub den alten Methoden nach, verbesserte sie und 
gewann neue Gesichtspunkte im Aufnahme verfahren. Das grundlegende Werk ist 
der 1588 von Gemma Frisius herausgegebene ,,Libellus de locorum describendorum 
ratione“ 6 , worin drei Arten der Landesvermessung unterschieden werden. „Negare 
profecto non possum, quin omnium modorum certissimus in hac re sit is qui per longi 
tudines ac latitudines locorum incedit, postea autem is qui per latitudines et angulos 
positionis regiones describit: Ultimo vero loco qui per solos positionis angulos agit. 
1 P. Gast: Das polygonometrische Triangulierungsverfahren der argentinischen Landesauf 
nahme. Z. f. Verm. Stuttgart 1910, S. 425ff., 449ff. — Die Triangulation von Kolonialländern. Z. f. 
Verm. 1910, S. 721 ff. 
2 Joh. Frischauf: Die mathemat. Grundlagen der Landesaufnahme und Kartographie des 
Erdsphäroids. (Stuttgart 1913, S. 149. 
3 К. A. Skatschkof: Die geogr. Kenntnisse der Chinesen. P. M. 1868, S. 359. 
4 H. G. Lyons: The cadastral survey of Egypt 1892 -1907. Cairo 1908. (Ministry of Finance, 
Egypt. Survey Departements.) 
5 Nouv. Ann. des voy. 1858. IT. S. 309. H. Bancroft: Native Races of the Pacific States. 
1875. II. S. 488, Anm. 
6 Vollständiger Titel: Libellus de locorum describendorum ratione et de eorum distantiis in 
veniendis nunquam ante hac visus. Per Gemmam Phrysium. Antwerpen 1533.
	        
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