Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Das Lichtbild bol der terrestrischen Aufnahme. 
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werden, nicht direkt im Gelände mißt, sondern photographisch festlegt und nach 
träglich aus den Bildern entnimmt. Es empfiehlt sich, jeden gefundenen Punkt auf 
mindestens drei Bildern zu identifizieren. Die Schnitte nach den zu bestimmenden 
Punkten dürfen nicht zu spitz sein, weil sonst die Genauigkeit leidet. Darum wählt 
man von vornherein die Standlinie, von deren Endpunkten aufgenommen wird, groß 
und vermeidet in der Pegel Konvergenzwinkel der Aufnahmeachsen von unter 30°. 
Das Bestiegen der Basis bedingt weite, zeitraubende und oft recht beschwerliche 
Wege. Je größer die Standlinie, um so verschiedener werden die aufgenommenen 
Bilder auf beiden Standpunkten; sind diese sehr hoch über dem Aufnahmegelände, 
macht sich der Unterschied weniger geltend. Je verschiedener nun die beiden auf 
genommenen Bilder, desto schwieriger die Aufstellung identischer Punkte. Dann 
muß sich die Ausmessung auf wenige markante Punkte, wie Schornsteine, Häuser 
ecken, Einzelbäume, Bergspitzen beschränken. Die Meßtischphotogrammetrie ver 
langt ein übersichtliches Gelände mit deutlich ausgesprochenen Bodenformen und 
zahlreichem, markantem Detail. In einem Gebiet mit formenarmem Gelände ist 
mithin die Ausbeute an photogrammetrisch bestimmten Punkten mäßig. Auch 
leidet auf größere Entfernungen hin die Beurteilung der Bodenformen. 
12<>. Das ltaumbihlmeßverfahren. Die Übelstände, die der Meßtischphoto 
grammetrie anhaften, werden durch die Stereophotogrammetrie oder das Raum 
bildmeßverfahren beseitigt. Bei diesem Verfahren arbeitet man mit einer ver 
hältnismäßig kurzen Standlinie (früher 30—150 m, jetzt zuweilen bis 500 m lang), 
deren Länge x j x0 bis V30 d er zu messenden Entfernung sein muß, bei neuern In 
strumenten bis 1 / 50 . 1 Das Messen geschieht nicht wie heim Bildmeß verfahren durch 
Identifizieren der zu messenden Punkte auf beiden Platten getrennt voneinander, 
sondern im stereoskopischen Sehen an einem Raumbild des aufgenommenen Objekts. 
Dadurch, daß man stereoskopisch sieht, erfolgt gleichsam eine unbewußte Iden 
tifizierung. Raumanschaulichkeit entsteht durch die Verschiedenheit der Bilder, 
die das linke und das rechte Auge bei der Betrachtung eines körperlichen Gebildes 
erhalten. Das Stereoskop täuscht dem Beobachter aus zwei flachen Bildern Raum 
gestaltung vor, sobald diese zwei aus verschiedenen Standpunkten aufgenommenen 
Bilder desselben körperlichen Gebildes zu einem einzigen verschmelzen. Der Beob 
achter hat dann den Eindruck, ein plastisches, ein körperliches Modell vor sich zu 
haben. Das genaue Ausmessen der vorgetäuschten Körperlichkeit gestattet ein 
verfeinertes Stereoskop, der Stereokomparator, dem C. Pulfrich bis jetzt die voll 
kommenste Gestalt gegeben hat. 2 Mit der in dem Stereokomparator befindlichen ballon- 
förmigen Meßmarke, die über der Landschaft zu schweben scheint, läßt sich das 
1 Basislänge Länge (Radius) des otereoskopischen Feldes 
(normaler Abstand der Augen 64 mm 0,35 m — 450 m) 
100 m 0,5 km — 6 km 
200 „ 1,0 „ - 12 „ 
300 „ 1,5 „ _ 18 „ 
400 „ 2,0 „ _ 24 „ 
2 C. Pulfrich: Über neuere Anwendungen der Stereoskopie und über einen hierfür bestimmten 
Stereokomparator. Z. f. Instrumentenkunde 1902, 1903, 1904. — Über weitere Lit. vgl. Jordan: 
Handb. d. Verm.-K. II. Bd. 8. Auf]., bearb. von O. Eggert. Stuttgart 1914, S. 861. — Vgl. weiterhin 
C. Pulfrich: Über einige Verbesserungen des Kartierungsverfahrens bei stereophotogrammetrischen 
Arbeiten. Mitt. aus der opt. Werkstätte von Carl Zeiss (während des Krieges erschienen).
	        
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