Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Kartenaufnahme. 
imaginäre Modell nach allen seinen Dimensionen answerten. Punkt für Punkt kann 
man genau bestimmen, ein Vorgang, der an die Tachymetrie erinnert, sich aber von 
dieser dadurch unterscheidet, daß der Aufnehmer bzw. Auswerter am Stereokomparator 
Lattenträger, Instrumentenleser, Skizzenzeichner und Protokollführer alles in einer 
Person ist, zudem nicht von der Witterung, von Tages- und Jahreszeiten abhängig 
ist und seine Messungen bequemer und rascher als im Felde ausführen kann. Die 
Praxis soll nach S. Truck erwiesen haben 1 , daß die Raschheit der Planherstellung 
dreimal so groß wie bei der tachymetrischen Aufnahme ist. 
Das sich im Stereokomparator plastisch darhietende Bild unterstützt vorzüglich 
die Festlegung der verschiedenen Geländeformen. Irrtümer sind so gut wie aus 
geschlossen. Beim räumlichen Sehen und Messen kann auf das Vorhandesein mar 
kanter Punkte auf beiden Platten, an die sich die Meßtischphotogrammetrie an 
klammert, verzichtet werden. Bezüglich des Geländedetails kann das Einzelbild 
nimmermehr das leisten, was das Raumbild im Stereokomparator vermag. Die 
Bodenformen können auf große Entfernungen hin sicher beurteilt werden. Mithin 
wird die topographische Fernwirkung durchs stereoskopische Verfahren außerordentlich 
gesteigert. 1 2 
Im Felde hat man nicht die großen Schwierigkeiten wie bei dem Bildmeß 
verfahren zu überwinden. Im Gegenteil, sie vermindern sich ganz wesentlich. So 
können Höhenrücken infolge der kleinen Standlinie voll ausgenutzt werden. Mit 
wenigen Aufstellungen ist es möglich, das aufzunehmende Gelände fast lückenlos 
zu umfassen. Aber nicht jegliches Gelände ist für die Raumbildaufnahme geeignet, 
es muß einen Einblick in die Gliederung der Formen gestatten, mag es auch sonst 
wie beschaffen sein, ob zugänglich oder unzugänglich, ob verkarstet, zerklüftet usw. 3 
Ebenes Gelände, Laub- und Nadelwald, Getreidefelder, Savannen sind für Raum 
bildaufnahmen nicht oder wenig geeignet, dagegen in erhöhtem Maße Küstengebiete. 4 
Neben der stereophotogrammetrischen Punktbestimmung und Vermessung der 
Erdoberfläche ist ein weiteres Ziel die unmittelbare Darstellung des Geländes, d. h. 
die an der Hand der Raumbilder vorgenommene Aufzeichnung von Schichtlinien 
und Situationsplänen. Das geschieht mit Hilfe des von E. v. Orel erfundenen und 
von C. Pulfrich verbesserten Stereoautographen. 5 Er bedeutete zunächst einen 
Höhepunkt im Raumbildmeßverfahren und ist vom festen Erdboden aus das ge 
gebene Auswerteinstrument. Um die praktische Verwertung der Stereophotogram 
metrie und Stereoautophotogrammetrie bei topographischen Neuaufnahmen, jener 
seit 1904 und dieser seit 1910, hat sich insbesondere das k. k. Militärgeographische 
1 S. Truck: Die Bedeutung u. Anwendg. der Stereophotogrammetrie als Vermessungsmethode 
in der Ingenieurpraxis. Intern. Archiv f. Photogrammetrie. IV. Wien 1913 — 1914, S. 98. 
2 Vgl. P. Seliger: Die stereoskopische Meßmethode in der Praxis. Berlin 1911, S. 103, 104. 
3 Vgl. H. Lüscher: Beispiel einer stereophotogrammetrischen Geländeaufnahme aus der 
Praxis. Intern. Archiv f. Photogrammetrie. III. Wien u. Leipzig 1911—1912, S. 17ff. — Lüscher 
hat reiche Erfahrungen auf diesem Gebiet, von ihm dürften wir noch manche wertvolle hierher ge 
hörige Publikation erwarten. 
4 E. Horn: Stereophotogrammetrische Aufnahme der Rügenschen Steilküste. Jahresb. der 
Landesaufnahme 1919/1920. Berlin 1921, S. 82—86. Mit Karte. 
5 E. v. Orel: Der Stereoautograph als Mittel zur automatischen Verwertung von Komparator 
daten. Mitt. d. k. k. mil.-geogr. Instituts XXX. (1910). Wien 1911, S. 62—86. — Ders.: Über die 
Anwendung des stereoautographischen Verfahrens für Mappierungszwecke. Mitt. d. k. k. mil.-geogr. 
Inst. XXXI. (1911.) Wien 1912, S. 152-165.
	        
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