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Die Kartenaufnahme.
Bei der Gewinnung von Festpunkten mit Hilfe der Fliegerphotographie kann
es sich nur um exakte Verfahren handeln, da die Höhe der Punkte berücksichtigt
werden muß. Durch Hugershoff ist das Pyramidenverfahren zu einer exakten Methode
entwickelt worden. 1 Indessen bleibt das Verfahren immer noch umständlich. Dafür
hat T. Fischer aus Stuttgart ein anderes einfacheres Verfahren ersonnen, das darin
besteht, aus drei Fixpunkten der Erdoberfläche, die auf der Platte mit abgebildet
sind, Neigung und Verkantung direkt zu ermitteln. Auf diese Werte wird die Kammer
des Bildmeßtheodolits eingestellt, und man mißt sodann die übrigen vier unbekannten
Größen, also die drei Baumkoordinaten und die Achsenrichtung der Kammer. Methode
und Ergebnis sind ähnlich denen des Bückwärtseinschnitts im Felde mit Hilfe des
Theodolits nach trigonometrischen Punkten. Fischer selbst bezeichnet das Ver
fahren als „räumlichen Bückwärtseinschnitt durch Zerlegen in Grundriß und Auf
riß“. C. Pulfrich hat es weiter modifiziert. 1 2
Bei der Festpunktbestimmung durch die Luftaufnahme handelt es sich, wie
wir oben bereits andeuteten, um das Problem des Bückwärtseinschneidens
im Baume. Theoretisch haben es Finsterwalder 3 , Fuchs 4 , Werkmeister 5 , Klin
gatsch 6 , T. Fischer 7 gefördert, praktisch, d. h. graphisch sowohl wie mechanisch
Pulfrich und Hugershoff. Ist es dadurch auch nicht möglich, in einem neu zu er
schließenden Gelände neue Festpunkte zu schaffen, so ist es hingegen ein ausgezeich
netes Verfahren, ein weitmaschiges Triangulationsnetz durch zahlreiche Neupunkte
zu verdichten, bei dem nur die Hauptbedingung besteht, daß das darzustellende
Gelände zum mindesten auf zwei Platten abgebildet wird. Damit der Abbildungs
maßstab bei allen Bildern nahezu gleich ist, erscheint es als zweckmäßig, die Auf
nahmen in ungefähr gleicher Höhe auszuführen. Im übrigen können die Bilder unter
beliebiger Neigung und in beliebiger Aufeinanderfolge aufgenommen werden. Das
sind unverkennbare Vorteile der neuen Methode, wozu sich noch die gesellen, daß
sie keiner „starren“ Basis zur gleichzeitigen Herstellung von gegeneinander orien
tierten Meßbildern wie die Meßtisch- und Stereophotogrammetrie bedarf, und daß
die Aufnahmen in jedem beliebigen Flugzeug aus freier Hand ausgeführt werden
können.
181. Neuaufnahmen nach Fliegerbildern mit Verzicht auf irdische Festpunkte.
Die Schnelligkeit, mit der die Fliegeraufnahmen im Vergleich zu den zeitraubenden
Vermessungen im Gelände selbst zustande kommen, hat zu der Frage geführt, ob
die Geländemessungen überhaupt nicht durch Luftbildaufnahmen ersetzt werden
können, und ob insbesondere auch die Gewinnung der zur Kartenkonstruktion not
1 R. Hugershoff u. H. Cranz: Grundlagen der Photogrammetrie aus Luftfahrzeugen. Stutt
gart 1919.
2 C. Pulfrich, a. a. 0., S. 38ff.
3 S. Finsterwalder u. W. Scheufeie: Das Rückwärtseinschneiden im Raum. Sitz.-B.
d. math.-phys. Klasse der k. Bayr. Akad. d. Wiss. XXXIII. München 1903. — S. Finsterwalder,
s. Anm. 1, S. 279.
4 K. Fuchs: Das Rückwärtseinschneiden im Raum. Z. f. Verm.-W. 1906, S. 425.
5 P. Werkmeister, Einfaches Rückwärtseinschneiden im Raum mit Hilfe von Positiv
winkeln. Intern. Archiv f. Photogr. V. Wien u. Leipzig 1915.
6 A. Klingatsch: Zum räumlichen Rückwärtseinschneiden. Intern. Archiv f. Photogr. V.
Wien u. Leipzig 1916. — Üb. d. Ortsbestimmung aus Flugzeugen. Kart. Z. 1921.
7 Vgl. C. Pulfrich, a. a. O., S. 20ff.