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Die Kartenaufnahme.
genaue Tiefenlotungen und den genauen orographischen Aufbau des Küstengeländes
wiederzugeben. 1 Der Seemann braucht eine allgemeine Übersichts- und Segelkarte
(Kurskarte) und die Küsten- oder Sonderkarten für die Gebiete, die er anlaufen will;
eventuell muß hier auch der fremde Lotse aushelfen. Bewegen sich jene Karten in
kleinen Maßstäben, von 1 : 800000 bis 1 : 12 000 000 1 2 , so die Küsten- und Sonder
karten hauptsächlich in den Größen von 1 : 5000 bis 1 : 200000. 3 Ist jene für das
Ganze eines Ozeangebietes bestimmt, so diese in der Hauptsache für Küstenstreifen.
Als Streifenkarte hat sie nicht einmal die ganze Schelffläche, also Tiefen bis 200 m,
wiederzugeben. M. Gasser und andere denken bei ihren Ausführungen lediglich an
die Streifenkarte; was diese im beschränkten Gebiet, eben als Streifen enthält, soll
die Luftschifferkarte von der gesamten Erdoberfläche bringen. Das ist ein viel zu
kostspieliges und vor allem unzweckmäßiges Unternehmen.
Das Yerkehrsgebiet zur See hat etwas Flächenhaftes an sich gegenüber dem
Linearen des Landverkehrs, wie ich an anderer Stelle vor längerer Zeit ausgeführt
habe 4 , und das Ausdehnungsgebiet des Luftverkehrs istj körperhaft (raumhaft),
weil dieser Verkehr im Sinne der Ausdehnung des Körpers in den drei Dimensionen
des Raumes drei Bewegungsrichtungen ausführt. Das Bewegungsgebiet des Luft
verkehrs ist von Natur aus weiter und uneingeschränkter als das der andern Verkehrs
gattungen. Auch seine Orientierung ist viel weiter und übersichtlicher als die der
andern. Gleich dem Seemann braucht der Flugzeugführer zum Zwecke der Orien
tierung („Bildorientierung“) eine Übersichtskarte, aber nicht in dem kleinen Maß
stabe der seemännischen Übersichtskarten, sondern Karten im Maßstab von 1 : 200000,
1 : 800000, ausnahmsweise auch in 1 : 500000 (Vogelsche Karte). Zum Zwecke der
Landung („Punktorientierung“) in dem Gebiet, das er erreichen will, müßte ihm
eine Karte großem Maßstabes, etwa 1 : 100000 oder 1 : 50000, am besten 1 : 25000
zur Verfügung stehen. Auf letztere Karten kann er gegebenenfalls verzichten, wenn
die Hafenplätze in der Natur mit den nötigen Luftschiffahrtsignaturen bzw. -Signalen
versehen sind. Warum sollte in der Nacht ein Flieger nicht auch Lotsendienste ver
richten können?
1 M. Eckert: Entwicklung der deutschen Seekarte, insbesondere der Admiralitätskarte.
Vortrag. Verh. des XVI. Deutschen Geographentages zu Lübeck 1909. Berlin 1910, S. 97.
2 z. B. vom deutschen Seekartenwerk (Admiralitätskarten) in 1:300000 westl. Ostsee,
das Kattegat, Deutsche Bucht, Golf von Suez; in 1: 600000 der Bottnische Meerbusen, mittlere Ostsee;
in 1: 1200000 die Nordsee; in 1: 1500000 Westküste der Britischen Inseln, Englischer Kanal u. Bucht
von Biscaya; in 1:2000000 Marianen, West- u. Ostkarolinen, Marshallinseln; in 1:2500000 Ost
chinesisches Meer, Mittelmeer, Rotes Meer; in 1: 3500000 Arabisches Meer, östl. Teil des Nordatlan
tischen Ozeans; in 1: 12000000 Nordatlantischer Ozean, Südatlantischer Ozean.
3 z. B. vom deutschen Seekartenwerk (Admiralitätskarten) in 1:5000 Nord- und Süd
hafen von Helgoland, Hafen von Leba; in 1: 10000 Freihafen von Stettin, Hafenpläne von Holtenau,
Elsfleth, Vegesack, Bremen; in 1:12500 Hafen von Warnemünde, Strander Bucht, Kieler Hafen;
in 1:25000 Hafen von Memel, Swinemünde, Stralsund, die Weser von Bremerhafen bis Elsfleth, die
Elbe von Brunsbüttelkoog bis Krautsand, von Krautsand bis Brunshausen, von Brunshausen bis
Tinsdahl und von Tinsdahl bis Hamburg (also 4 Elbkarten); in 1: 50000 Kleiner Belt, Großer Belt,
Kieler Föhrde und Eckernförder Bucht; in 1: 100000 Kieler Bucht, Westküste von Schleswig-Holstein;
in 1: 150000 Küste von Ostpreußen, von Pommern, Finnischer Meerbusen; in 1:200000 Gewässer
von Oeland u. Gotland, Botten-Wiek.
4 M. Eckert: Grundriß der Handelsgeographie. I. Bd. Allgemeine Wirtschafts- und Verkehrs
geographie. Leipzig 1905, S. 137.