Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
159. jVnttelpunktmaßstab. Doppelter Mallstab und KugelmaBstab. Auf Karten, 
die größere Teile der Erdoberfläche oder diese ganz darstellen, ändert sich an ver 
schiedenen Stellen der Karte nicht bloß das Verjüngungsverhältnis der Längen, 
sondern auch, wenn keine winkeltreue Projektion vorliegt, die Länge selbst. Die 
Längen, die von einem Punkt aus nach verschiedenen Richtungen ausstrahlen, wären 
demnach mit verschiedenem Maßstab zu messen. Bei der Erkenntnis dieser Tat 
sachen hat man sich so beholfen, daß man den Karten entweder keinen Maßstab 
gab oder einen sog. Mittelpunkt maßstab, weil bei jedem dieser Kartennetze 
die Längentreue in unmittelbarer Nähe des Mittelpunktes der Karte oder des Ent 
wurfs mehr oder minder gewahrt bleibt. 
Das Dilemma, ob man die Planigloben mit Maßstab versehen soll oder nicht, 
hat zu verschiedenen Auswegen geführt. Die alten Planiglobenbilder von Stülp 
nagel in winkeltreuer Projektion in Stielers Handatlas (xVusgabe 1870) tragen einen 
,,Maßstab 1 : 50000000 bis 1 : 100000000“. Zwei Jahre darauf ist die Doppehnaß- 
stabbezeichnung wieder verschwunden. Der Ausdruck ,,Mittelpunktmaßstab“ geht 
kaum weiter als auf 1890 zurück und ist seitdem nur vereinzelt gebraucht worden. 
K. Zöppritz gibt in dem Leitfaden der Kartenentwurfslehre (Leipzig 1884) ein 
Umrißkärtchen für Asia-Europa in Lamberts flächentreuer Zenitalprojektion im 
,,Maßstab von 1 : 120000000 in der Mitte“. 1892 gibt E. Hammer seiner flächen 
treuen Erdprojektion einen „Längenmaßstab im Mittelpunkt ca. 1 : 182000000“. 
Bei A. Bludau tritt uns der Mittelpunktmaßstab mehrmals entgegen auf den ent 
sprechenden Karten seines Atlas 1 und auf den von ihm berechneten Netzen in Andrees 
Handatlas. 
Die oben genannte doppelte Maßstabbezeichnung läßt es herausfühlen, daß 
bei manchen Karten, insonderheit bei den Planigloben, eine einfache Maßstab 
bezeichnung oder ein mittlerer Maßstab die Karte zu wenig charakterisiert. Nun ist 
bei den Erdhälftenkarten ein sicheres Maß in dem Globusradius gegeben. Darum 
sollten solche Darstellungen stets auf den Globusradius achten, in ähnlicher Weise, 
wie es H. Wagner im Methodischen Schulatlas getan hat. Dort tragen westliche 
und östliche Halbkugel (Taf. 6), die in Nells modifizierter Globularprojektion ent 
worfen sind, den „mittlern Maßstab 1 : 120000000, entsprechend einem Globus von 
— = ^ mm Halbmesser oder 106 mm Durchmesser“, oder die Halbkugel 
bilder auf Taf. 10 in Mollweides flächentreuer Projektion den „mittlern Maßstab 
1 : 140000000, entsprechend einem Globus von 6370000 — 45 5 mm Halbmesser“. 
1 140000000 m 
Diese Maßstabbezeichnung hat dazu geführt, von einem Kugelmaßstab zu sprechen. 
160. Die Maßstabbezeichnung in Bruchform. Zum Schluß bleibt uns noch eine 
Maßstabbezeichnung der modernen Karte übrig, die sich weder auf ein Linienelement 
des Netzes (ein geographisches Längenmaß wird stillschweigend vorausgesetzt), noch 
auf jeweilig heimische Maße bezieht, sondern nur das reine Zahlenverhältnis als Ver- 
ständigungsmittel gebraucht, indem das VerjüngungsVerhältnis in Zahlenwerten 
ausgedrückt wird. Dies war erst im messenden Zeitalter möglich, zu dem sich das 
19. Jahrhundert entwickelte. Wenn wir von der Cassinischen Karte von Frankreich 
1 Sohr-Berghaus’ Handatlas. Unter Mitwirkg. von U. Herkt hg. von A. Bludau. Glogau 
1902, Planisphäre Nr. 5. Nordamerika. Nr. 69, 71. Die Polargebiete Nr. 7 u. a. m.
	        
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