Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
gewesen ist. Zudem ist es noch sehr fraglich, ob Palästina und Jerusalem von der 
Seeseite aus mehr als von der Landseite aus besucht wurde. Um nach Palästina 
zu kommen, wurde in mittelalterlicher Zeit wohl mehr der Land- als der Seeweg ein 
geschlagen. Auch daran mag gedacht werden, daß das östliche Orientieren des Haupt 
altars für die Kirchen schon in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt Regel 
des römischen Kirchenbaues wurde. 
UiS. Die verschiedene Orientierung nach praktischen Bedürfnissen. Ferner 
haben wir Kartenorientierungen nach den vier Hauptrichtungen der Windrose, die 
direkt praktischen Bedürfnissen dienen. Die Längs- bzw. kurze Achse der Flächen 
ausdehnung eines Land- oder Küstengebietes war für die Orientierung bestimmend. 
Um hier etwas aus dem Kapitel der Seekarte vorweg zu nehmen, sei daran erinnert, 
daß die Karten in dem berühmten französischen Seeatlas „Le Neptune francois“, 
Paris 1093, nach N, S, 0 und W orientiert sind. Die Haupthimmelsrichtung, nach 
der sich der Seefahrer wandte, um zu dem gewünschten Lande, das er gleichsam 
vor sich erblickte, zu kommen, bestimmte die Orientierung des Kartenblattes. 1 Die 
verschiedenen Orientierungen der Seekarten haben sich weit ins 18. Jahrhundert 
hinein erhalten. 1 2 Die Bussolenzeichnung sorgte schon für den richtigen Gebrauch 
der Karte. Orientierungen nach NNW kommen auch vor. Zu ihrer Konstruktion 
hat man Schifferkarten benutzt, die nach der Bussole orientiert waren. 1613 macht 
Champlain an der Hand von Kartenbeispielen auf die falsche Orientierung solcher 
Karten aufmerksam. 3 Die „Carta marina“ des Olaus Magnus vom Jahre 1539 leidet 
gleichfalls durch die magnetische Mißweisung und orientiert nach NNW. 4 
Nicht allein die Deklination an sich, sondern das Mißverständnis und der Miß 
brauch des magnetischen Wertes hat zu verschiedenen falschen Orientierungen von 
Karten geführt. Hier öffnet sich ein Kapitel, das noch einer eingehendem Unter 
suchung wert ist. Joh. Werner berücksichtigt in seiner Abhandlung über „die 
Entwicklung der Kartographie Südbadens im 16. und 17. Jahrhundert“ 5 die Orien 
tierung der einzelnen Karten, untersucht aber nicht die Deklinationswerte, ob sie 
für jene Zeit auch richtig bestimmt waren. 
Auf einigen Landkarten, die verschieden orientiert waren, wurden die Himmels 
gegenden besonders benannt, wie z. B. bei ältern Karten auf den arabischen Welt 
bildern und bei jüngern auf Karten von Etzlaub (um 1500), von Setzlin (um 1570), 
von Seutter (in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts) u. v. a. m. 
1 Das „Deutsche Meer“ ist vielfach nach W orientiert; vgl. John Seiler: Atlas Maritimus. 
London 1670 [Br. M. London]. 
1 U. a. vgl. Atlas van Zeevaert en Koophandel door de geheele Wereldt. . . door R. en J. O ttens. 
De Beschryvingen . . . door J. van den Bosch. Amsterdam 1745 [Br. M. London]. 
3 Vgl. Les \ogages dv Sievr de Cliamplains Xaintongeois, Capitaine ordinaire pour le Roy, 
en la marine. Paris 1613. 
4 Die Karte von Olaus Magnus ist einer ausführlichen Erörterung unterzogen worden von K. Ahle- 
nius: Olaus Magnus och hans framställning of nordens geografi studier i geografiens historia. Upsala 
1875. — Vgl. die römische Kopie der Karte (1572) in Nordenskiöld: Facs.-Atlas., Fig. 32, S. 59, 
vor allem jedoch die wertvollen „Beiträge zur Geschichte der Kartographie und Nautik des 15. bis 
17. Jahrh.“ von Aug. Wolkenhauer in den Mitt. d. Geogr. Ges. München. I. 1904. 
5 I. Heft der Abhandlungen zur badisch. Landeskunde, hg. von L. Neumann u. A. Hettner. 
Karlsruhe 1913. Die beigegebenen Kartenbilder, nach 21 Originalkarten photographisch verkleinert, 
können bei Kartenvergleichen mit herangezogen werden.
	        
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