Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Orientieren der Karte. 
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Das praktische Element der verschiedenen Orientierung auf den Landkarten 
gibt sich in zweierlei Richtung kund, einmal im Interesse des Kartenzeichners, 
andermal in dem des Kartenbenutzers. Der Kartenzeichner legte sich bei der Dar 
stellung von Einzelländern das Material so zurecht, wie es ihm am handlichsten bei 
der Bearbeitung war. Das Elsaß z. B., wo ein reges kartographisches Leben zur 
Renaissance einsetzte, wurde bei seiner überlangen nordsüdlichen Erstreckung am 
bequemsten mit westlicher Orientierung dargestellt. Umgekehrt wurden Karten, 
die den Schwarzwald mit südlich davon liegenden Gebieten zum Vorwurf hatten, 
östlich orientiert, wie z. B. David Setzlins Karte Basiliensis territorii descriptio 
nova aus dem Jahre 1572. 1 Martin Waldseemüller zeichnete die erste westlich 
orientierte Karte des Elsaß, die schon vor 1507 entstand und dem Supplementum 
zur Neuauflage der 27 Ptolemäischen Karten 1513 ein verleibt wurde. Elsaß- und 
Oberrheinkarten mit gleicher Orientierung treffen wir 1536 bei S. Münster 1 2 , 1558 
hei K. 5 opell 3 , 1561 hei W. Lazius 4 , 1576 hei Speckel 5 und auf diesem fußend 1595 
hei G. Mercator 6 , bei G. Fr. Meyer 7 und zuletzt noch 1713 bei Cyr. Blödtner auf 
einer herrlich ausgeführten Manuskriptkarte im k. k. Kriegsarchiv in Wien, bei der 
man bedauern muß, daß sie nicht veröffentlicht worden ist. 8 
169. Das praktische Bedürfnis der Siidorientiermig im speziellen. Für rein prak 
tische Bedürfnisse hat E. Etzlaub seine Romwegkarten mit südlicher Orientierung 
entworfen. Die Etzlaubschen Karten waren Reisekarten. Zur Orientierung auf 
Reisen bediente man sich damals häufig der Sonnenkompasse, von denen Etz 
laub selbst verschiedene konstruiert hatte. Bei dem Gebrauch dieses Reiseinstruments 
wandte man sich nach S der Sonne zu, stellte mit Hilfe der Magnetnadel die genaue 
Südrichtung fest und las sodann an den Schattenstrichen die Zeit ah. So gewöhnte 
man sich an eine südliche Orientierung, die in den Etzlaubschen Kartenbildern einen 
kartographischen Niederschlag fand. In den Etzlaubschen Romwegekarten erkennt 
Aug. Wolkenhauer einen neuen Deutschlandkartentypus 9 , der sich parallel zu 
dem der Deutschlandkarte von Cusanus 10 entwickelt hat. Dem erstem ist neben 
der richtigem Zeichnung vieler hydrographischer Elemente besonders die Süd 
orientierung eigen. Die Etzlaubsche Karte ist mit mehr oder weniger Veränderungen 
1 In der Hof- und Landesbibliothek zu Karlsruhe. 
2 V. Hantzsch: S. Münster. Abbandl. d. K. sächs. Ges. d. Wiss. Phil.-hist. Kl. XVIII. 1898. 
3 H. Michow: Kaspar Vopell u. seine Rheinkarte. Mitt. d. Geogr. Ges. Hamburg. 1903, T. 4. 
4 E. überhummer u. E. v. Wieser: Wolfgang Lazius 1906, 8. 35ff. T. 12. 
5 K. Schott: Die Entwicklung der Kartographie des Elsasses. Mit. d. Ges. f. Erdk. u. Kolonial 
wesen zu Straßburg i. E. Straßburg 1914, S. 113ff. T. 2. — J. Werner hat, s. Anm. 1, die Orien 
tierung von Daniel Speckels Elsaßkarte auf WNW bestimmt. 
6 Im „Atlas sive cosmographicae meditationes . . .“ Duisburg 1595, also ein Jahr nach Mer- 
cators Tode. 
7 K. Schott, a. a. 0., S. 123. 
8 Das k. k. Kriegsarchiv in Wien besitzt fast sämtliche Originale der meisterhaft auf Pergament 
ausgeführten Operationskarten für die Feldzüge vom Oberrhein von 1702 — 1714 des Ingenieurs C. Blöd t- 
ner (Blödner). Vgl. Paldus: Johann Christoph Müller. Ein Beitrag zur Geschichte vaterländischer 
Kartographie. In den Mitt. des k. k. Kriegsarchivs. 3. Folge. V. Wien 1907, S. 116, 117. 
9 W. Wolkenhauer: Erhard Etzlaubs Reisekarte durch Deutschland 1501. Nikolassee bei 
Berlin 1919, S. 9, 11. Mit der Herausgabe dieser Karte hat W. Wolkenhauer seinem 1915 im Argonner- 
wald gefallenen Sohn Aug. Wolkenhauer ein ehrendes Denkmal gesetzt. 
10 Über Lit. zur Cusanus Karte vgl. W. Wolkenhauer, a. a. O., S. 9, Anm.
	        
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