Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Das Generalisieren. 
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Kartographen unter ganz gleichen Voraussetzungen und Bedingungen in demselben 
Maßstab ausgeführt, so werden sich wohl Abweichungen im einzelnen, niemals aber 
wesentliche Verschiedenheiten in der generellen Haltung, also in dem Gattungs 
begrifflichen und seinem Ausdruck, bemerkbar machen. 
Noch heute begegnet man Karten, insonderheit Schulwandkarten, auf denen 
die generalisierte Darstellung zu wünschen übrig läßt. Da kann man ohne Über 
treibung behaupten, daß die Bergformen sozusagen stückweise aneinandergereiht 
sind, ohne daß es dem Zeichner gelungen wäre, der komplizierten Bodengestaltungen 
in vereinfachter, genereller Manier Herr zu werden. Darum müssen gerade Sclml- 
wand- und Schulkarten, die dazu bestimmt sind, der jugendlichen Vorstellungskraft 
eine erste naturfrische Grundlage zu liefern, nachdem die erste Klippe des Verständ 
nisses der kartographischen Bildungs- und Bildersprache überwunden ist, nur von 
Meisterhand entworfen werden. Die bekannten großen in- und ausländischen Karten 
firmen gehen, sofern sie Schulkarten veröffentlichen, mit gutem Beispiel voran. Ferner 
muß sich die Generalisierung davor hüten, gewisse Formen und Figuren so zu ver 
allgemeinern, daß man sie zur Not gerade noch nach ihrer Lage wiedererkennt. 
Sowohl Wand- wie Handkarten leiden an diesem Übel. Solche Karten entstammen 
jedoch nicht den großen kartographischen Anstalten, sondern kleinern Kartenfirmen, 
die über kein langjährig technisch geschultes und wissenschaftlich durchgebildetes 
Personal verfügen. Zahlreiche Beispiele stehen jedem zur Hand. 
A. Hettner sagt im Hinblick auf die Vereinfachung des Terrains und anderer 
geographischer Objekte: ,,Die Vereinfachung erfordert eine eingehende Erwägung 
der wissenschaftlichen Klassifikation, denn eine falsche Wahl des Oberbegriffs kann 
der Karte allen wissenschaftlichen Wert nehmen, wie man sich etwa bei einer Prüfung 
der geologischen Karten oder der Vegetationskarten in manchen Schulatlanten über 
zeugen kann.“ 
Die gesamte Isarithmenzeichnung unterliegt der Generalisierung. Fast jeder 
größere Atlas gibt Gelegenheit, auf groß- und kleinmaßstabigen Karten z. B. die Iso 
baren oder Isothermen und andere isarithmische Linien zu vergleichen. 1 
175. Die mathematische Erfassung des Generalisierens von Flächen- und Linien 
elementen. Am augenfälligsten läßt sich Zusammenziehen und Vereinfachen von 
Flächenelementen an den Wäldern und von Formenelementen an den Fluß- und 
Küstenlinien erkennen. Der lückenreiche Wald auf der großmaßstabigen Karte 
erscheint auf der kleinmaßstabigen lückenlos, also zusammengezogen. Desgleichen 
nehmen wir wahr, wie sich auf Karten großen Maßstabes die Sumpfgebiete lockern, 
die uns die Karten kleinern Maßstabes als zusammenhängendes Gebiet zeigen. Die 
Messungen der Längen von Küsten und Flüssen auf Karten verschiedenen Maßstabes 
führen immer zu verschiedenen Besultaten. Daher kommt es, daß sich in den Reise-, 
Hand- und Lehrbüchern die verschiedensten Angaben über Küsten- und Flußlängen 
vorfinden. Fr. Mouths hat nachgewiesen — ohne dabei dem gesamten einschlägigen 
Material nachgeforscht zu haben —, daß der Rhein von 1748—1910 in 8*2 verschiedenen 
1 Man vgl. z. B. die Karte des Luftdrucks und der Winde im Januar auf der Mittelmeerkarte 
(Nr. 11) in Debes’ Handatlas mit der entsprechenden Erdkarte (Nr. 4). Hier verläuft die Isobare 764 
im S Frankreichs direkt nach O nahezu bis zum Podelta, auf der Mittelmeerkarte zeigt sie eine Aus 
buchtung, die bis nach Nizza reicht und noch südlich von Genua verläuft.
	        
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