Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

im 
Die Landkarte und ihr Lageplan. 
Längen angegeben worden ist, die zwischen 1032 und 1410 km schwanken 1 ; der richtige 
Wert liegt bei 1220 km. Werden kurvimetrische Messungen ausgeführt, weisen in 
der Regel bei gleichem Objekte die Karten kleinem Maßstabes ein kleineres Ergebnis 
auf. Für die Inseln Rügen und Bornholm hat Mouth die Küstenlänge kurvimetrisch 
bestimmt und zwar auf dem Meßtischblatt, der Karte 1: 100000 und der Vogelschen 
Karte des Deutschen Reiches 1 : 500000. Für Rügen fand er in der Reihenfolge der 
genannten Karten eine Küstenlänge von 506, 477 und 471 km, für Bornholm 150,6, 
118,4 und 111,3 km. Ferner läßt der Vergleich erkennen, daß der Unterschied der 
Generalisierung zwischen zweiter und dritter Kartenart bei weitem nicht so groß 
ist wie zwischen erster und zweiter, daß mithin der Zeichner von drei mit mehr Ge 
schick und Verständnis an seine Aufgabe herangetreten ist und sie auch besser gelöst 
hat als der von zwei. Die Länge der Küste von Rügen weist einen Unterschied von 
6% zwischen erster und zweiter Kartenart auf, zwischen dieser und der dritten 1%. 
Bei der Küste von Bornholm betragen die entsprechenden Zahlen 21°/ 0 und 6%. 
20°/ 0 Unterschied zum Original ist keine Seltenheit, wenn er auch für die vorliegenden 
Maßstäbe schon etwas bedenklich groß ist. Es lassen sich bei wenig gut generalisierten 
Karten bis 40°/ 0 Unterschied und mehr feststellen. Selbstredend müssen die kom 
mensurablen Maßstäbe nahe aneinander liegen. Es wäre Unsinn, die Küstenlinie 
auf einer Karte in 1 : 45000000 mit der in 1: 100000 zu vergleichen. Immer bleibt 
zu beachten, welche Karte von der Generalisierung als Originalkarte benutzt worden 
ist. Daß es sich dabei zuweilen um Originale zweiter und dritter Güte, d. h. um 
Karten, die bereits zwei- oder dreimal den Generalisierungsprozeß durchgemacht 
haben, handelt, ist nichts Außergewöhnliches. 
176. Die quantitative Generalisierung, tl. i. Beschränken und Auswahlen des 
Stoffes. Das kartographische Generalisieren geht weiter als der einfache Begriff 
der „Generalisierung“ sagt. Nicht bloß .vereinfacht und zusammengezogen wird die 
geographische Stoffmenge, sondern auch gesichtet, und die Einzelheiten werden je 
nach Wert und Zweckbestimmung belassen oder unterdrückt. Dieser Vorgang ist 
mehr subjektiver wie objektiver Natur. Nach dem Zwecke wird der Stoff entweder 
rein technisch oder anthropogeographisch, historisch, naturhistorisch, verkehrs 
geographisch, touristisch, verwaltungstechnisch, wirtschaftsgeographisch, didaktisch 
ausgewählt. Im Gegensatz zu der bereits beleuchteten Seite der Generalisierung, 
die ich oben mehr qualitativ bezeichnet habe, erhält der Kartenstoff eine Art quan 
titativer Abstufung. Doch auch hier gilt das Wort Hettners von der eingehenden 
Erwägung der wissenschaftlichen Klassifikation, das ich auf S. 333 herangezogen habe. 
Für den Grad der Stoffbeschränkung läßt sich gleichfalls keine Norm finden. 
Dem Ermessen des einsichtigen und geographisch durchgebildeten Kartographen 
bleibt alles überlassen. Dem Zuviel der Auswahl unterliegt der Kartograph gewöhnlich 
seltener als dem Zuwenig. 
Neben dem Maßstab kann die Ausführung nach den verschiedenen graphischen 
Herstellungsverfahren ein Wort beim Generalisieren mitsprechen. Bei der Auswahl 
eines geeigneten Maßstabes für eine Luftfahrerkarte hatte M. Gasser den Inhalt 
entsprechender Kartenausschnitte der deutschen offiziellen Karten 1 : 100000, 1 : 200000 
1 Fr. E. Moutlis: Linienmessung auf Karten. Diss. Rostock. Stuttgart 1912, Anlage 1.
	        
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