Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Das Generalisieren. 
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und 1 : 300000 miteinander verglichen und festgestellt 1 , daß von 28 Ortsnamen der 
Generalstabskarte auf der topographischen Übersichtskarte 26 vorhanden waren, 
auf der Übersichtskarte von Mitteleuropa dagegen nur 10. Die Anzahl der Wasser 
läufe verringerte sich auf den drei Karten von 6 auf 4 und 3. Die Angaben der Wal 
dungen verhielten sich wie 6:6:1, die Höhepunkte wie 14:18:1. Daraus sieht 
man deutlich, daß die Kupferstichkarte 1 : 200000 bei weitem nicht in dem Maße 
zur Karte 1 : 100000 generalisiert ist, wie die Lithographiekarte 1 : 300000 zu der 
erstgenannten Kupferstichkarte. 
Am leichtesten läßt sich die Auswahl an der Beschränkung der Ortszeichen 
verfolgen. Sie dehnt sich nicht gleichmäßig über die ganze Kartenfläche aus. So 
werden innerhalb der dicht besiedelten Gebiete Städte mit geringer Einwohnerzahl 
ausgeschieden, die in weniger dicht besiedelten Gegenden nicht vernachlässigt werden 
dürfen. Hier spricht schon ein Faktor der Überlegung mit, der noch eingehender 
zu erörtern ist. Bei den Inseln kann man einen ähnlichen GeneralisierungsVorgang 
wie bei den Ortschaften beobachten. Von dem weitverzweigten Geäst der Neben 
flüsse wird ein Ast nach dem andern, von dem kleinsten angefangen, abgehauen, bis 
zuletzt auf sehr kleinmaßstabigen Karten der Hauptfluß gleichsam als Stamm noch 
übrig bleibt. Der Unterschied zwischen perennierenden und periodischen Gewässern 
hört auf, insofern letztere ganz ausgeschieden werden. Die Unterschiede der Klein 
formen des Terrains verschwinden. Höchstens deutet noch eine Zahl hie und da eine 
Erhöhung an. Das Verkehrsnetz zeigt bei weitgehender Generalisierung nur noch 
die Hauptverkehrsstränge. Die politische Einteilung bis zur Regierungskreisgrenze 
kann die Karte in 1:1000000 ungehindert sichtbar machen. Bei einem zwei- bis 
dreimal kleinern Maßstal) verschwinden die Kreisgrenzen und beim Maßstab 1 : 10000000 
auch die Provinzgrenzen. 
Bei der Auswahl des Stoffes könnte man, wie A. Hettner hervorhebt, an einen 
optischen Vorgang denken. Die generalisierte Karte sieht gleichsam aus wie eine 
nicht generalisierte aus größerer Entfernung, wobei eben die Einzelheiten nicht mehr 
sichtbar sind. So ganz nach optischen Gesetzen geht das Generalisieren schon nicht 
vor sich; denn bei der Auswahl des Stoffes hegt, wie Hettner ja gleichfalls anerkennt, 
ein selbständiger Denkakt vor. Dagegen macht H. Fischer auf ein anderes'optisches 
Moment aufmerksam. Liegt eine Kartenfläche von bestimmter Größe vor, gleich 
viel in welchem Maßstab, kann über ein gewisses Quantum von Karteninhalt, bestehend 
aus Kartensignaturen und Schrift, nicht hinausgegangen werden. Dieses Höchst 
maß für normale Augen unter Berücksichtigung von Maßstab, farbiger und nicht 
farbiger Ausführungsart und Zeichenfläche ziffernmäßig zu bestimmen dürfte eine 
lohnende Aufgabe sein. 1 2 
177. Die Stoffbeschräiikimg auf Schulwandkarten. Die Schulwandkarten unserer 
kartographischen Meister geben die besten Beispiele für die Art der Stoffbeschränkung 
und Zusammenarbeitung des generalisierten Stoffes. Für die Schulkarte muß sehr 
sorgfältig ausgewählt werden; und Zondervan gibt einer allgemein bekannten, päd 
agogisch-didaktischen Ansicht Ausdruck, wenn er sagt, daß mit dem geringen Ballast 
1 M. Gasser: Eine Flugkartenstudie. Verh. d. XVII. Deutsch. Geographentages zu Lübeck 
1909. Berlin 1910, S.208,209. — Zur aeronautisch. Kartenfrage. Intern. Archiv f. Photogrammetrie. III. 
Wien 1911/12, S. 34. 
2 H. Fischer, a. a. O., S. 73.
	        
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