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Die Landkarte und ihr Lageplan.
schäften sind die Karte des Deutschen Reiches und die Carta topografica del Regno
d’Italia, beide in 1 : 100 000. 1
Hinwiederum soll man dem Bilde und eleganten Äußern zuliebe nicht in das
Extrem verfallen, ganz abgesehen davon, daß Karten mit spärlichen Namen ein
dürftiges Aussehen haben, verlieren sie bedeutend ihren Wert als Auskunftsmittel.
Was die Karte eventuell auf der einen Seite an Klarheit und Anschaulichkeit gewinnt,
geht auf der andern an Lesbarkeit und der notwendigen Eigenschaft praktischer
Orientierung verloren. Für die Namengebung auf offiziellen Karten werden darum
gewisse Richtlinien befolgt. 1 2
Die Kartenfläche gleichmäßig mit Namen zu bedecken, ist ein großer Irrtum
vieler heutiger Kartentechniker. Früher, wo die Erde noch nicht bis in die entfern
testen Winkel abgeleuchtet war, bekämpften die Kartenzeichner den Horror vacui
durch Anbringen aller möglichen und unmöglichen Tiere und sonstiger Ausfüllungs
ornamente. Natürlich werden Karten der kulturell hoch entwickelten Staaten eine
gewisse Gleichmäßigkeit in der Namenverteilung erstreben, besonders der Wohn
stätten (Orte, Weiler, Gehöfte, Schlösser, Ruinen, einzelne Häuser), da diese den
wichtigsten Teil der Kartenbeschreibung bilden, aber dennoch werden sich immer
feine Unterschiede zwischen dicht und weniger dicht besiedelten Gebieten finden.
Es ist gar nicht nötig, daß es so auffällig wie auf Karten Afrikas ist, wo die Zusammen-
drängung von Schrift und Signatur die verhältnismäßig dicht besiedelten Land
schaften besonders gut hervortreten läßt. 3 Bei alpinen Karten dagegen, wo viele
Einzelgehöfte in der Alpenregion benannt sind, ist Vorsicht am Platze, da die Be
völkerung daselbst eine schüttere ist. Ebenso darf man nicht aus der Menge und
der mehr gleichmäßigen Verteilung der Wohnstättennamen in der österreichischen
Generalkarte 1 : 200000 auf die Dichte der Bevölkerung schließen. Der Nachteil
wird dadurch gemildert, daß man soweit als tunlich alle Ortsnamen, wenn auch nicht
beschrieben, so doch eingezeichnet hat. Das ist eine Methode, wie sie schon Mer
cator u. a. angewendet haben. Doch sind dies nur Ausnahmen. Eine Karte mit
Wohnplätzensignaturen ohne die dazu gehörigen Namen hat wenig Bedeutung, nur
relativ als allgemeine Siedelungskarte, wenn alle Wohnplätze verzeichnet sind.
190. Die aus der Praxis entwickelten Regeln der Namenstellung. Für die Stellung
der Kartennamen haben sich im Laufe der Zeit gewisse Regeln entwickelt, so daß
sich unsere jetzigen Kartenbilder in diesem Punkte vorteilhaft von ihren Altvordern
unterscheiden. Auf den Portulankarten sind die° Namen der Küstenpunkte senkrecht
zum Küstenverlauf geschrieben, daß manche Küste wie „ge-igelt“ aussieht. Um
1 A. Penck: Neue Karten und Reliefs der Alpen. Leipzig 1904, S. 20.
2 Für die österreichische Spezialkarte in 1:75000 werden für ein Spezialblatt 1000 Wohn
stättennamen, d. i. etwa ein Name auf 1,9 qcm Papierfläche, als zulässiges Maximum angenommen,
auf der Generalkarte in 1:200000 wegen der kleinem Schrift 1500 Ortsnamen, d. i. ein Name auf
1,4 qcm Papieriläche. — Darüber und über die Transkription der Kartennamen berichtet ein S.-A. aus
d. „Mitt. d. k. k. Mil.-geogr. Inst.“ XVII. Wien 1898; er enthält folgende Aufsätze: „Die geogr. Namen
in den Militärkarten“ von Chr. v. Steeb; „die Schreibung der geogr. Namen auf d. Balkanhalbinsel“,
nach einer Studie von Joh. Levacic; und „die Schreibung geogr. Namen nach russischen Karten
werken“ von Jos. Bielawski.
3 Fr. Ratzel allerdings tadelt dieses Zusammendrängen in einer längern Besprechung über
d. Spezialkarte von Afrika 1: 4000000, entw. von H. Habenicht, bearb. von demselben, Br. Domann
u. R. Lüddecke. Gotha 1885/86. P. M. 1886, S. 161.