Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Kartenschrift und Kartennamen. 
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sie zu lesen, muß man die Karte öfters wenden. Das Ortszeiclien selbst ist nicht 
vorhanden, die Namen stehen aber genau da, wo sich der anzulaufende Hafen be 
findet. Auf vielen Karten des Mittelalters bis tief in die Renaissance hinein stehen 
die Namen kreuz und quer durcheinander, z. B. auf den Karten von Seb. Münster. 
Wohl hatte die Orientierung der Karte schon etwas Einfluß auf die Stellung der 
Kartennamen, und Mercator, Specklin geben dafür Vorbilder. Die bessere Namen 
stellung hängt mit der Einführung des Kupferstichs und der lateinischen Kursiv 
schrift zusammen. Das Bestreben unserer guten und modernen Karten, beim Be 
nutzen und Lesen der Namen die Karte so wenig wie möglich in der Lage zu ändern, 
muß anerkannt werden. 
Wir unterscheiden Linear- und Arealstellung der Kartennamen. Bei der 
Linearstellung sind die Namen, insonderheit die Ortsnamen, entweder parallel zum 
obern bzw. untern Kartenrande geschrieben, so wie es hauptsächlich auf ältern Karten 
gepflegt wurde, oder, wie es jetzt am gebräuchlichsten ist, parallel zu den Breiten 
parallelen. Ebenso behandelt man die Namen und Zahlen für einzelne Berge und 
kleinere Seen. Dabei beachtet der gewissenhafte Kartograph, daß der Name sich 
genau auf das Zeichen bezieht, das er benennen will. Der Name muß so stehen, daß 
der betreffende Gegenstand jederzeit unzweideutig verstanden werden kann. Vorteil 
haft hat es sich erwiesen, den Namen rechts am Symbol oder Zeichen beginnen zu 
lassen, vorausgesetzt, daß es der Platz gestattet. Die Flußnamen, ebenso alle andern 
Bezeichnungen für Gewässer, werden, wie oben bei der Schrift erörtert, tunlichst 
in rückwärtsliegenden Buchstaben gegeben. Desgleichen wurde darauf hingewiesen, 
wie sich die Namen dem Flußlaufe anschmiegen. Ein ähnliches Anlehnen finden 
wir bei den Gletscherbezeichnungen, wodurch auch äußerlich durch die Schrift der 
Eisstrom dokumentiert wird. 
Die Arealstellung der Namen will zum Ausdruck bringen, daß die Namen zur 
Bezeichnung der Flächen verwendet werden können (S. 345). H. Wagner mißt ihr 
eine große Bedeutung bei und spricht sogar von „Flächennamen“. 1 Nicht allein, 
daß diese Namen für Länder, Provinzen, Landschaften, Völkerstämme, Gebirge, 
Hoch- und Tieflandflächen, Wüsten, Wälder, Inselgruppen und Seen, Meeresteile, 
Haustier- und Nutzpflanzenverbreitung, gesperrt gedruckt werden, müssen sie die 
ganze Ausbreitungsfläche in der Längsachse umspannen und entweder in einer geraden 
Linie oder in einem wenig gekrümmten Bogen angebracht werden. Letzterer For 
derung wird nicht immer genügt, besonders bei den Gebirgsnamen. Politische Ge 
bilde, die sich über große Flächen ausdehnen und diese in mehr oder minder künstlich 
begrenzte Gebiete teilen, geben, wie nicht anders zu erwarten, etwas Schematisches, 
nichts individuell Erwachsenes, was auch in der Namengebung sich wiederspiegelt; 
man vergleiche nur die Staatennamen auf den Karten von Australien und den Ver 
einigten Staaten von Amerika. 
191. Die Zahl. Dem Namen ist die Zahl als Kartenelement verwandt. Sie 
entstammt gleichfalls dem Buchdruck und dient zur quantitativen Feststellung 
verschiedener geographischer Objekte. So wird die Anzahl der selbständigen Haus 
haltungen oder der Einwohner eines Ortes neben dem Ortszeichen geschrieben. Die 
Karte von Frankreich in 1:80000 gibt hierfür die nötigen Belege. An historisch 
1 H. Wagner: Lehrbuch, a. a. O., S. 243.
	        
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