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Die Landkarte und ihr Lageplan.
merkwürdigen Orten wird in Geschichtskarten zuweilen das Jahr der in der Nähe
stattgehabten Schlacht geschrieben. Selbst zur Flächenbezeichnung wird die Ziffer
herangezogen, nicht jedoch in dem Sinne einer Flächenzahl wie der Flächenname.
Geographisch-statistische Spezialkarten wimmeln oft von solchen Zahlenangaben.
Am meisten wird die Zahl als Höhenziffer verwandt. Noch nicht lange hat sie
sich diesem Betätigungsbereich zugewandt. 1 Obwohl man bis gegen Mitte des ver
gangenen Jahrhunderts über einige Tausende von gemessenen Höhenpunkten ver
fügte, faßte man die Höhenzahlen nur in Tabellen und Auszügen zusammen oder
gab einige auf Gipfelprofilen wieder, ließ sie aber nicht bei ihrem eigentlichen Objekt
auf der Karte erscheinen. Die Neuauflage von Stielers Handatlas vom Jahre 1867
hatte auf Veranlassung von Aug. Petermann ganz besondere Arbeit und Mühe darauf
verwandt, die Terrainzeichnung durch beigesetzte Höhenzahlen zu belegen. Mit
Recht wurde dies seinerzeit als ein Vorzug gerühmt. Dagegen sträubt sich H. Kiepert
noch bei der zweiten Auflage seines neuen Handatlas, Berlin 1871, die Höhenzahlen
aufzunehmen, da ihm die Höhenangaben noch zu widersprechend und ungenau waren.
Wer selbst mit der Messung von Höhen vertraut ist und daraufhin viele Berghöhen,
z. B. in den Alpen, kontrolliert, wird den Höhenangaben gegenüber recht vorsichtig
sein. Wiederholte Messungen führen schließlich zu einem brauchbaren Ergebnis.
Viele Höhen wechseln noch heute von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ihre Höhenziffern.
Wie lange hat es gedauert, bis unsere Atlanten die Höhe des Piks von Tenerife, die
früher allgemein zu hoch angegeben wurde, mit 3710 m, wie sie die Connaissance
des Temps für 1897 gibt, verzeichneten. Bouquet de la Grye hat sich für einen ähn
lichen Wert, 3709, entschieden. 1 2
Die Höhen- bzw. Tiefenzahlen dürfen nicht planlos das Kartenblatt bedecken.
Daß die große Anhäufung von Zahlen kein übersichtliches Bild über die Morphologie
des Meeresbodens gewährt, kann man sich auf den Seekarten überzeugen. Da muß
die Isobathe nachhelfen. Für die Atlas- und Studienkarten kann die Auswahl von
Höhenzahlen nicht sorgfältig genug sein. Nicht jeder Gipfel muß eine Höhenzahl
haben; ausgenommen die für einen bestimmten Zweck redigierten Karten, z. B.
Touristenkarten. Mit jeder Zahl, die genau an den von ihr bestimmten Punkt hin
zusetzen ist, muß etwas Markantes und Typisches ausgedrückt werden, sei es, um
die höchsten und bedeutendsten Punkte herauszuheben, oder sei es die gesamte Höhen
lage weiter Flächen zu kennzeichnen. In letzterer Beziehung haben unsere Karten
viel nachzuholen. 3 Schüchtern sind die Versuche, die Höhenzahl an bestimmten
Punkten dem Flußlauf entlang zu setzen. Gute Karten dürften die Zahlen bei der
Einmündung der Nebenflüsse oder an wichtigen Binnenumschlagsplätzen nicht missen
lassen. So entfalten sich Möglichkeiten für einen ausgiebigen und sinngemäßen
Gebrauch der Höhenzahl, die früher kaum geahnt, jetzt vielen Studien zugute kommen.
Die Höhenzahlen werden auf den Karten der Atlanten, auf Wand- und andern
Karten größtenteils senkrecht geschrieben. Die Tiefenkoten auf den offiziellen
1 H. Wagner: Lehrbuch, a. a. 0., S. 244.
2 Vgl. E. Hammer: Die Höhe des Piks von Tenerife. P. M. 1902, S. 266. Hans Meyer gibt
dem Pik auf der seinen „Wanderungen im canarischen Hoch- und Tiefland“ beiliegenden Karte eine
Höhe von 3730 m. „Die Insel Tenerife“, Leipzig 1896.
3 Auf offiziellen Karten haben sich bezüglich der Wiedergabe von Höhenkarten auch bestimmte
Regeln eingebürgert. In Österreich z. B. kommt in der Spezialkarte 1: 75000 auf je 2,8 qcm Raum
und in der Generalkarte 1: 200000 auf je 1,6 qcm eine Höhenzahl.