Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
Gegensatz der Land- und Wasserhalbkugel der größte und wichtigste ist, den wir 
nächst dem Klimatischen des Nordens und Südens auf der Erde kennen. 1 
197. Land- und Wasserhalbkugel. Beim Lesen älterer Kartenkataloge oder 
Anzeigen von Karten darf man sich nicht irreführen lassen, wenn es z. B. heißt: 
Mappemonde geohydrographique ou Description générale du globe terrestre et 
aquatique ex deux Plans-Hemispheres. Damit sind keine Abbildungen der Land- 
und Wasserhalbkugel gemeint, sondern lediglich West- und Osthalbkugel. Der Große 
Ozean, der hauptsächlich die Osthälfte der Erdoberfläche einnimmt, hat zu der Be 
zeichnung „Wasserhemisphäre“ geführt. Nun laufen einige wenige Karten neben 
her, die man als Land- und Wasserhalbkugel angesprochen hat. Um das zu können, 
muß man sie gesehen haben. Autopsie ist hier mehr wie wo anders am Platze. 
H. Beythien spricht von Karten, die er nicht gesehen hat, und sucht mit einer un 
nötig angebrachten Verstandesschärfe Dinge zu beweisen, die sich aus der Betrachtung 
der Originale klipp und klar ergeben. Die von ihm und andern herangezogene Karte 
der Land- und Wasserbildung von Buache sieht ganz anders aus als die vermeint 
liche Karte der Wasser- und Landhemisphäre; sie zeigt sich in einer polständigen 
Projektion, die bis über den Äquator hinausgedehnt ist, damit die Kontinente voll 
ständig erscheinen. Daß die richtigen Darstellungen bis 1690 und darüber hinaus 
zurückreichen, soll von mir in einer Sonderuntersuchung nachgewiesen werden. 
Es ist gleich, ob man ältere Karten dieser Art als Horizontalkarten oder als 
Land- bzw. Wasserhemisphären bezeichnet, auf alle Fälle hatte man schon beizeiten 
erkannt, daß die eine Erdhalbe, um mit Ritter zu reden 1 2 , in der Hauptsache maritim 
und die andere tellurisch ist, und der Schwerpunkt der Landhalbkugel im westlichen 
Europa lag. Ganz allgemein ausgedrückt, liegt Europa in der Mitte der kontinen 
talen Landwelt. 3 Bestimmt die Mitte auszudrücken, hatte man noch keine Unter 
suchungsmethoden; darum war es für damals ganz gleich, ob der Mittelpunkt der 
Landhalbkugel Paris, Amsterdam, London, Nürnberg, Berlin, Wien oder eine sonstige 
Gegend Westeuropas war. Die genauen Berechnungen über die Grenzlinie zwischen 
Land- und Wasserhalbkugel wurden erst am Ende des vergangenen Jahrhunderts 
angestellt, nachdem 0. Krümmel ein neues Verfahren zur Bestimmung des Pôles der 
Landhalbkugel gegeben hatte. 4 An der Klarstellung des Problems beteiligten sich 
außer Krümmel sein Schüler Beythien 5 und A. Penck. 6 Das Ergebnis der ausführ 
lichsten Berechnung, der Beythienschen, lief darauf hinaus, den Polpunkt in die Nähe 
der Loiremündung (bei le Croisic 477 4 n. Br. und 27 2 ° w. L. v. Gr.) zu legen. Sicher 
1 Vgl. dazu C. Ritter: Über geographische Stellung und horizontale Ausbreitung der Erd 
teile. Vorgetragen i. d. Akad. d. Wiss., Berlin am 14. Dez. 1826. Abgedruckt in O. Krümmels Klas 
sikern der Geographie, Kiel und Leipzig 1904, erste Reihe, Abschnitt „Kontrast der Land- und Wasser 
halbkugel“, S. 86-90. 
2 C. Ritter: Über räumliche Anordnungen auf der Außenseite des Erdballs und ihre Punktionen 
im Entwicklungsgänge der Geschichte. Vorgetragen i. d. Akad. d. Wiss. am 1. April u. i. d. öffentl. 
Sitzung zur Feier des Leibniz sehen Jahrestages. Berlin 1850. 
3 C. Ritter: Europa. Vorlesungen an d. Universität zu Berlin gehalten. Hg. von H. A. Daniel. 
Berlin 1863, S. 30. 
4 O. Krümmel: Bestimmung des Pols der Landhalbkugel. P. M. 1898, S. 106, 107. 
5 H.Beythien: Eine neue Bestimmung des Pols der Landhalbkugel. Von der philosoph. Fakultät 
der Christian-Albrechts-Universität in Kiel mit dem neuschassischen Preise gekrönte Schrift. Kiel 
u. Leipzig 1898. 
6 A. Penck: Die Pole der Landoberfläche. G. Z. 1899. S. 121 — 126.
	        
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