Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Darstellung der von der Natur gegebenen geographischen Objekte. 
361 
ist auch dieser Punkt noch nicht, da es, wie Penck hervorhebt, darauf ankommt, ob 
man Japan zur Land- oder Wasserhalbkugel rechnet. Wenn Penck auf die bestehen 
bleibende Fraglichkeit einer sichern Landhalbkugelpolbestimmung hinweist und sich 
dazu bekennt, dann ist sein Bemühen im Grunde genommen auch vergeblich, die 
von Beythien gefundenen Zahlenwerte durch die Berücksichtigung der sphäroidalen 
Erdgestalt zu berichtigen. 1 
198. Die Zeichnung der Küstenlinie und der Meeresflächen. Uns interessiert 
vom kartographischen Gesichtspunkte aus die Frage, welche Darstellungsmittel ge 
braucht man, um das feste Land, „Continens“ 1 2 , von Wasser zu unterscheiden. Die 
primitivste Unterscheidung war in der stärkern Hervorhebung der Küsten 
linie gegeben. Die Darstellung konnte lediglich den geringsten Ansprüchen genügen. 
Vielfach wurde dabei nicht einmal auf eine gute Wiedergabe der Küstenlinie ge 
achtet. Bis ins 19. Jahrhundert begegnen uns derartig liederlich bearbeitete Karten 
bilder. 3 Hinwiederum finden wir ältere Karten, die auf die Zeichnung der Küsten 
linie viel Fleiß und Sorgfalt Verwendet haben, besonders bei vielen Karten des 15. und 
16. .Jahrhunderts, die italienischen Ursprungs sind. Sie zeichnen sich durch eine auffällig 
zierliche Behandlung der Landumrisse aus, insofern sie all die kleinen Buchten, 
Inseln, Seen, Sümpfe und größere Flußinseln in regelmäßigen geometrischen Figuren 
wiedergeben. Mit J. Röger erblick ich darin den Einfluß der arabischen Kartographie. 4 
Das farbenfreudige Mittelalter verlangte nach drastischen Mitteln der Veran 
schaulichung. Mittels Handkolorit wurden für Land und Wasser unterschiedliche 
Farben angewandt, für das Land hauptsächlich braune und gelbe, für das Wasser 
blaue und grüne. Caspar Vopell 5 , Leonardi da Vinci 6 und ältere Autoren 7 geben gute 
Belege hierfür. Dann und wann kommt es vor, daß das Land grün koloriert wird. 8 Als 
selbstverständlich und geschmackvoll erachtete man es, das Rote Meer rot auszumalen. 9 
Mit der farbigen Unterscheidung von Wasser und Land war man meistens noch 
nicht zufrieden. Die Küste insonderheit verlangte nach einem markantem Ausdrucks- 
1 Vgl. H. Wagner: Lehrbuch, a. a. O., S. 276, Anm. 17. 
2 Westenrieder: Erdbeschreibung der bayrisch-pfälzischen Staaten. München 1784. 
3 •/. B. Map of the world in Burman Characters. Calcutta 1832. [Br. M. London.] 
4 J. Röger: Die Bergzeichnungen auf den altern Karten. München 1910, S. 52. 
5 Auf der Weltkarte des Köllner Kartographen Caspar Vopell vom Jahre 1570 sind einige 
Länder einförmig bräunlich überpinselt, im ganzen jedoch weiß gelassen, nur das Meer hebt sich durch 
dunkelgrüne Färbung hervor. 
6 Auf der ersten der drei Gaukarten von Leonardo da Vinci, die höchstwahrscheinlich aus 
d. J. 1502 stammen u. sich gegenwärtig in der kgl. Bibliothek zu Windsor befinden, wird das nord 
westliche Toskana in etwa 1: 300000 wiedergegeben, u. zwar das Land in brauner Sepiazeichnung u. 
das Meer in Blau. Vgl. R. Müntz: Léonard da Vinci, Paris 1899, S. 352, und Jean Paul Richter: 
The literary works of Leonardo da Vinci. II. London 1883; hier sind die drei Karten reproduziert. 
7 Auf der Weltkarte des Albertin de Virga aus dem Anfänge des 15. Jahrh. ist das Festland 
gelb ausgemalt. — Die alten arabischen, nach geometrischen Figuren konstruierten Karten geben das 
Gewässer gewöhnlich in Grün. — Unter neuern kartographischen Werken z. B. finden wir grünes 
Meereskolorit in dem Universal-Handatlas der neuern Erdbeschreibung von Sohr und Handtke. 
5. Aufl. Glogau 1857, hg. von H. Berghaus. 
8 Dunkelgrün erblicken wir das Land auf dem Orbis e codice 1417, Pomponii Melae [Ms. in d. 
Bibi, zu Reims]; das Gebirge ist braun übermalt und dunkelblau Meer, See und Fluß. — Italienische 
Weltkarte aus der Mitte des 16. Jahrh. m. d. Schiffskurs der ersten Erdumsegelung. Nach dem Rande 
zu wird das Grün intensiver [J. P. Gotha]. 
9 Die Weltkarten von Albertin de Virga, a. a. O., des Reimser Codex, a. a. O., des Genfer 
Codex (in einem Sallustmanuskript des 15. Jahrh.) und von de la Cosa, Pilote des Chr. Columbus
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.