Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
205. Wüste und Steppe im Kartellbild. Küste und Flüsse bilden das Skelett 
der Landkarte. Zwischen den Skeletteilen sind Flächenstücke gebreitet, die je nach 
Freiten- und Höhenlage, je nach klimatischen Faktoren und dem dadurch bedingten 
Pflanzenwuchs ein verschiedenes Aussehen besitzen. Unter diesem Gesichtswinkel 
die Landflächen betrachtet, teilen wir sie in drei Klassen ein: pflanzlose bzw. pflanzen 
arme, grasreiche und waldreiche Landschaften. Je nach dem Maßstab und Zweck 
der Karte kommen ein oder sämtliche drei im Kartenbild zum Ausdruck. 
Zu den pflanzenlosen bzw. pflanzenarmen Gebilden gehören die Wüsten. Die 
Signatur dafür ist eine gelbe oder braune Fläche, entweder als gleichmäßig zu 
sammenhängender Farbton gedruckt oder durch Raster in unzählige Punkte auf 
gelöst; also ganz dem Sandkorn in Form und Farbe nachgeahmt. Schwarze in un 
zählbarer Menge wiedergegebene Punkte sind die Signatur für Sand auf einfarbigen 
Karten und von alters her im Gebrauch, aber nur auf See- und Flußmündungskarten, 
weniger zur Bezeichnung der großen Sandrücken, was später erst Mode geworden ist. 
Schul- und Wandkarten bevorzugen die Punktsignatur für die Wüstendar 
stellung. Unter den Handatlanten zeigt Debes eine saubere braune Wlistenpunktur. 
Stielers Handatlas verwendet einen sandgelben Flächenton, die ältern Ausgaben 
eine schwarze Punktur. 1 Die gleiche Punktur auf gelbem Untergrund bringen eng 
lische Karten. 1 2 Schwarze Punkte allein verwendet Vidal-Lablache. 3 Ältere Karten 
kommen mit der Darstellung der Wüste nicht recht ins Geschick; sie kennen noch 
keine besondere Wüstensignatur und bedecken die Wüsten, wenn sie überhaupt 
hervorgehoben werden, mit kleinen Hügelreihen, was bis Ende des 18. Jahrhunderts 4 
und vereinzelt noch späterhin geschah. Man behilft sich vielfach mit der bloßen 
Bezeichnung „Désert“, die aber, soweit ich das Kartenmaterial überblickt habe, 
hauptsächlich für die Wüsten Arabiens „Arabie déserte“ und „Déserts très arides“, 
speziell für die Wüste Roba el-Chali (Wüste Dehna oder El-Ahkäf) angewandt wurde. 
Der nächste Verwandte der Wüste, die baumlose sandige Steppe, wird in 
den Handatlanten zumeist nicht unterschieden. Wo sie einen ausgesprochenen 
wüstenartigen Charakter hat, erhält sie die Wüstensignatur, unterbrochen durch 
freie Stellen, wie die Steppengebiete im 0 und W der untein Wolga (Kirgisensteppe). 
Topographische Karten legen Wert auf die Auseinanderhaltung der trocknen 
und wenig ertragfähigen Landschaften. Die deutschen offiziellen Karten heben 
Sandboden, trockene Wiesen und Heide besonders hervor (s. weiter unten), die 
französischen Karten die Dunes de Sables der Grandes Landes, die belgischen 
Karten die Campine, die holländischen die Veluwe usw. 
2ü(>. Darstellung der Siimpîlandschaïteii. Den Wüsten und Steppen reihen sich 
als wirtschaftsschwache Gebiete die Sumpflandschaften an. Für ihre Bezeichnung, 
ganz gleich, ob ausgesprochener Sumpf, Bruch, Moorbruch, Torfmoor oder Hochmoor, 
bedient man sich bis hinab zu Karten kleinsten Maßstabes der sogenannten „Wasser- 
1 Ganz besonders schön und wirkungsvoll hat zunächst C. G. Reichard (1821 in Stielers 
Handatlas vcn 1831), sodann F. v. Stülpnagel die Wüsten von Iran und Turkestan heraus 
gearbeitet. 1843. Stielers Hand-Atlas Nr. 43b. Ausg. in 63 Bl. Nr. XLVI. 
2 Vgl. E. G. Ravenstein: Botanical map showing the geographical distribution of plants. 
London 1859 ( ?). 
3 Vidal-Lablache: Atlas General. Paris 1894. 
4 Bonne: Atlas de toutes les parties connues du globe terrestre. Paris, etwa 1780.
	        
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