Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
wo deutsche und französische Kartographie sich die Hand reichen, ist für solche 
Untersuchungen ein dankbares Gebiet. 
Bei den Ptolemäusausgaben des 15. Jahrhunderts spielt der Kreis als Orts 
signatur bereits eine Hauptrolle, weil die Positionsbestimmungen des Ptolemäus 
die genauen Ortslagen auf der Karte bedingten. Dazu war die übliche Profilskizze 
der Ortschaften nicht tauglich. Während auf den altern Ptolemäusausgaben alle 
Orte mit dem gleichen Ortsringsymbol ausgestattet sind, also keine Wertabstufung 
zeigen, werden auf der Tabula nova provinciae Rheni superioris, der ersten Über 
sichtskarte des Elsasses, die sich im Supplementum zu der prächtigen Neuauflage 
der 27 ptolemäischen Karten befindet, die Waldseemüller und sein Freund Math. 
Ringmann 1513 in Straßburg besorgt hatten, Basilea, Argentina, Hagona durch 
große Ortskreise und große Schrift hervorgehoben. In der Folge der Wertabstufung 
erscheinen sodann Ensheim, Calmaria und Dan; die andern Orte sind wesentlich 
kleiner dargestellt und geschrieben. 1 
Auf der Charte des Elsasses von Specklin (Speckel) aus dem Jahre 1576 1 2 (mittlerer 
Maßstab 1 : 188000) wird durch den großem oder kleinern Ortsring gleichfalls die 
Bedeutung, weniger die Größe des Wohnplatzes für das Land hervorgehoben. Da 
neben steht noch das alte, charakteristische Stadtbild. Wie Specklin wendet Mer 
cator den Kreis als Ortssignatur an; ohne die übliche Profilskizze und ohne Namen 
sogar für kleinere Orte, Klöster und Schlösser. 
Die gleiche Anwendung des einfachen namenlosen Ringelchens für Dörfer und 
kleine Wohnstätten finden wir auf der Karte von Mähren, die J. A. Comenius in 
den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts „in unfreiwilliger Muße“, wie er selbst 
sagt, entworfen hatte, und die fast hundert Jahre als Muster für sein Heimatland 
galt und in 27 Nachahmungen verbreitet wurde. 3 
Bemerkenswert ist, daß der Kreis neben dem für die Bezeichnung kleiner Orte usw. 
wieder innerhalb der örtlichen Profilskizze, gewöhnlich als Kreis mit sichtbarem Mittel 
punkt auf tritt. Das war für die Kartenkonstruktion und die Wegebestimmung 
wichtig. Die übliche Ortsansicht bedeckt zuviel von der Kartenfläche, als daß genaue 
Entfernungsangaben oder Messungen darauf begründet werden könnten. Nur von 
Kreiszentrum zu Kreiszentrum wird genügend genau gemessen. Eine weitere Folge 
war, daß der Kreis nicht bloß inmitten eines Turmes oder Hauses zu stehen kam, 
sondern auch in einer Mauer oder ans Haus oder einen Turm angelehnt. Profil 
skizze und Ring sind untrennbar auf den Apianischen Karten von Bayern, sow r ohl 
auf der großen Ausgabe (etwa 1 : 45000) vom Jahre 1363 wie auf der „eingezogenern“, 
wie Apian selbst sagt (etw T a 1 : 135000) vom Jahre 1568. Die Ringel geben genau 
den Ort oder das Gebäude an, von dem aus oder zu dem hin er seine Winkelstrahlen 
bei der Aufnahme gerichtet hatte. Seb. Schmid beschreibt das Verfahren, wie es 
auf den Karten ausgeführt wurde, in seiner „Unterrichtung“ 4 folgendermaßen: 
1 Vgl. den Ausschnitt der Karte bei K. Schott, a. a. O. (Anm. 8, S. 382). 
2 S. ebenfalls bei K. Schott, a. a. O. 
:l Vgl. „Comenius als Kartograph seines Vaterlandes“. Nach der böhmischen Abhandlung von 
Josef Smaha, mit einem Nachdruck der Karte des Comenius deutsch hg. von Karl Bornemann. 
Comeniusstudien, Heft 5. Auf der Kartusche der Karte steht: Moraviae nova et post omnes priores 
accuratissima delineatio, auctore T. A. Comenio. Noviter edita, ä Nicolao Johannide Piscatore. 
A. D. 1645. 
4 Titel des Buches, s. Anm. 1, S. 260.
	        
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