Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Zeichnung der von Menschenhand ins Antlitz der Erde eingeschriebenen Spuren. 
„Das centrum einer stat ist der mittelpunkt ; dan oft umb mer zierd der landschaft 
willen malet man die stet grosser dan si sind zu rechnen gegen der proportion der 
ganzen feldierung; und damit man aber wüsse, wo das recht läger oder mittelpunkt 
sige einer jeden stat, onangesehen wie groß si der maler gemachet hat, uf al oder 
etlich syten vom waren centro, so verzeichnet man es mit einem ringlin und einem 
punten darin, welcher punten uns das centrum, das ist das loger und rieht punt der 
selbigen stat bedütet.“ 
Auf diese Weise, wie hier vorgeschrieben, hatte offenbar Mercator seine Karten 
konstruiert. Das Ringel im profilierten Ortszeichen deutet ganz darauf hin, und die 
mathematische Exaktheit, mit der er seine Karten entwarf, machen die Vermutung 
zur sichern Annahme. In den Ortsprofilskizzen auf den Karten, die Ph. Clüver seiner 
Introductio in universam geographicam tarn veterem tarn novam, Leiden 1624, 
beigegeben hat, sind mit großer Peinlichkeit die Ringel in die Aufrißsignatur der 
Wohnstätten eingetragen. 1 
Nicht alle Kartenmacher haben wie Mercator und einige andere die Ortschaften 
nach dem Stande des damaligen Wissens genau nach Länge und Breite ins Karten 
blatt eingetragen, und doch war es für eine gute Karte eine notwendige Voraussetzung, 
„que tous les lieux soient placés dans leur juste situation, eû égard aux principaux 
Cercles de la Terre, comme l’Equator, les Paralleles et les Méridiens“. 1 2 
215. Systematisierung der Ortssignaturen. Nachdem man gelernt hatte, die 
Orte richtig nach Koordinatenwerten ins Kartenbild einzusetzen, ging man allmählich 
dazu über, mit dem Ortszeichen eine gewisse für den betreffenden Ort charakteristische 
Eigenschaft auszudrücken. Die Bedeutung der Orte, besonders in politischer, kirch 
licher und wirtschaftlicher Beziehung, wußte man durch unterschiedliche Signaturen 
zu veranschaulichen. Wie wir oben gesehen haben, fing diese Differenzierung, ab 
gesehen von schwächlichen altern Versuchen, hei Waldseemüller an; in andern Ptole- 
mäusausgaben wurde sie bereits reicher. 3 
Comenius hat erstmalig eine strengere Systematisierung der Ortssignaturen 
durchgeführt und darunter neu eingeführt die Thermen und Officinae vitreariae, auch 
die Eerri, Auri und Argenti fodinae. Nie. Visscher hat eine gute Ausgabe der Karte 
versorgt; dadurch ist sie in Frankreich und benachbarten Staaten bekannt geworden. 
Mit ähnlichen Signaturen hat J. Sandrart 1666 eine Karte von Böhmen heraus 
gegeben. 4 Math. Merian bringt Ortssignaturen, die uns ganz modern anmuten. 5 
Von den Franzosen hat er die Festungssignatur übernommen, die darauf eine weite 
Verbreitung in der deutschen Kartographie findet. Den Wert der WWhnplätze drückt 
1 Die zahlreichen Auflagen des berühmten Geographiebuches, das bis ins 18. Jahrh. hinein 
im Geographenunterricht der gelehrten Schulen herrschte, bringen die Karten in gleicher Ausführung.— 
Vgl. die ausgezeichnete Abhandlung von J. Partsch: Philipp Clüver, der Begründer der historischen 
Länderkunde. Wien-Olmütz 1891, S. 36. 
2 ,,Des Bonnes et mauvaises qualités des cartes“ im 1. Bd. des Altas méthodique et élémen 
taire de géographie et d'histoire par Buy de Mornas. Paris 1761. 
3 Auf der Karte von Böhmen (Ptolemäus, Basileae 1545; in Nordenskiölds Facsimile-Atlas, 
S. 111) werden folgende Orte durch besondere Signaturen hervorgehoben: Civitas regiae, Castrum, 
Baronum et Nobilium, de sectae Huß, Papae adherens, Oppidum non muratum. 
4 Die Karte fand ich in der U.-Bi. Göttingen. 
5 Auf seiner Karte ,,Alsatia Landgraviatus cum Sundgovia et Brisgovia“ in „Topographia 
Alsatiae“ 1644.
	        
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