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Die Landkarte und ihr Lageplan.
bunt überdruckt, oder erhalten eine oder mehrere ursprüngliche, selbständige Farben
platten. Die Farbengebung der Verkehrswege spielt seit der Peutinger Tafel eine
Rolle. Fast der gesamten Farbenskala werden die Töne entliehen, die die Wege-
im Kartenbild als ein wichtiges Element hervortreten lassen. Ist die Farbengebung
hierbei vielfach auf Irrwege geraten, so dominieren schließlich die warmen Farben
für die Wegecharakterisierung.
Eine bemerkenswerte topographische Karte stellt sich zur Zeit der Karten
reformation um 1700 ein, die 1690—1700 aufgenommene und 1720 erschienene Karte
der Kurmark Brandenburg des Generals Peter v. Mo nt arg ues; auf ihr waren die
Straßen ihrer Beschaffenheit nach durch Farben unterschieden. Wo auf den Reise -
und Postverkehrskarten die Wege doppellinig gezogen sind, ist mit dem Pinsel auf
manchen Karten der Zwischenraum zwischen beiden Linien gelb, braun, selten rot
ausgefüllt worden; gelb z. B. auf der bereits genannten Mantuakarte von Lavanella,
rötlich auf der Karte des Kriegstheaters der deutschen und französischen Grenz
lande, Mannheim 1798, usf.
Wie gut das Wegebraun wirkt, hat J. Bartholomew auf seiner Orographical
map of Scotland 1 bewiesen; trotz der rötlich braunen Höhenschichten hebt sich das
Wegenetz ausgezeichnet ab. Die rote Farbe hat bekanntlich die Eigenschaft, aus
ihrer Umgebung aufdringlich hervorzuleuchten und die Aufmerksamkeit des Be
schauers vorzugsweise zu fesseln. Sie hat Bartholomew für die Qualitätsbezeichnung
der Wege auf seinen berühmten ,,Haf-inch to mile“- (1 : 126720) Karten gebraucht,
obwohl er hier auch mit dem Wegebraun ausgekommen wäre, wenn er den braunen
Höhenschichten eine ein klein wenig kältere Nuancierung gegeben hätte. Dem Wege
braun oder -gelb ist entschieden der Vorzug zu geben. 1 2 Daran sollten meiner Meinung
nach insonderheit die Karten großem Maßstabes festhalten, die mit einer besondern
Farbenplatte entweder die Straßen mit gutem Unterbau drucken, wie die Topo
graphische Übersichtskarte von Mitteleuropa in 1:300000, oder die Straßen mit
bestimmter Zwecksetzung, wie die Ausgabe für Rad- und Autofahrer der L. Raven-
steinschen Karte von Mitteleuropa in demselben Maßstab. Anstatt des gewählten
Rots wäre ein Rotbraun besser am Platze. Für die topographische Übersichtskarte
wäre sodann noch zu empfehlen, der Terrainfarbe einen Stich ins Graue zu geben.
Die rote Farbe sollte dem Schienenstrang Vorbehalten bleiben, besser noch
das Violett, was zuletzt auch der Bedeutung dieses Verkehrsweges und damit logischen
Forderungen entsprechen würde. 3 In Handatlanten begegnet man am häufigsten
den roten Eisenbahnlinien 4 , obwohl es den in Frage kommenden Kartenfirmen keine
Schwierigkeiten bereiten kann, die Eisenbahnen violett zu bringen. Auf Eisenbahn
karten, die ich während des Krieges im Felde hersteilen ließ, hat sich das Violett
ausgezeichnet bewährt.
218. Mangelnde Angabe von Entfernungen, Gelälle und Steigung. Eine gute
Eigenschaft, die die Wege- und Reisekarten des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des
1 1: 633600, 10 Miles to an inch.
2 Über die „grellen roten Straßen“ beklagt sich E. v. Sydow in seiner Betrachtung über den
kartographischen Standpunkt Europas in den Jahren 1863 u. 1864. P. M. 1864, S. 481.
3 Im Spektrum hat d. violette Licht eine größere Schwingungszahl als d. blaue, grüne, gelbe usw.
4 Von altern Atlanten sei nochmals „Hobson’s Fox-Hunting Altas“, hg. von J. u. C.Walker,
London 1848 (?), genannt, der die Eisenbahnlinien rot auskoloriert zeigt.