Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
übereinstimmten, selbst in ein und demselben Kartenwerk. Als Puy de Morn as 
1761 über die guten und schlechten Eigenschaften der Karten schrieb, wies er im 
vierten Punkte auf die schlechte Übereinstimmung der Grenzen in Übersichts- und 
Spezialkarten hin, aber auch in Karten benachbarter Länder, selbst wenn sie gleiche 
Situation hatten, wie bei den Karten von Deutschland und Frankreich. 
Für die Differenzierung der Grenzen in Gemeinde-, Bezirks- und Landesgrenzen 
hatte man auf den Karten im 16. und 17. Jahrhundert noch wenig Gefühl, man half 
sich durch verschiedene Kolorierung der Flächen der Länder und Provinzen oder 
auch nur durch das Handkolorit der betreffenden politischen Gebilde. Beim Kolo 
rieren hütete man sich offenbar, bis zum Areal der Gemeinden vorzudringen, schon 
wegen der phantasiereichen Form der Gemarkungsgrenze. 
224. Die farbige Grenze und Grenzgenauigkeit. Der erste, der die Länder mit 
Farben versah, der die „gezeichneten Puncta durchgehendsilluminierte“ 1 , war Justus 
Danekert, der sich 1630 in Amsterdam eine eigne Kartenoffizin anlegte. Das Eis 
der Einförmigkeit schwarz gedruckter Karten wurde gebrochen und ihnen durch 
die Farbe größere Anschauungskraft verliehen. Für Schulkarten wurde das Band 
kolorit bereits wenige Dezennien später durch Hübners Atlas scholasticus pro 
pagiert. Ein viele Hände beschäftigender Industriezweig wurde die Illumination, 
mit der jedoch nur zu leicht Mißbrauch getrieben wurde (S. 21), und Gregorii 
schreibt die Schuld den Koloristen zu, insofern es unverantwortlich sei, daß „sogar 
Kinder und Weiber die Karten illuminieren“. 2 Der Frauenwelt blieb das Geschäft 
der Illuminierung noch lange übertragen, und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 
wurden „die Stielerschen Karten von den zarten Händen der feinen Damenwelt der 
Gothaer Besidenz mit gerade so vielem Geschmack und Eleganz als Sauberkeit und 
Akuratesse bemalt“. 3 Späterhin wurden bei J. Perthes eine Anzahl fleißiger Mädchen 
unter besonderer weiblicher Oberleitung zur Ausmalung der politischen Grenzen 
und Kartenränder herangebildet. 4 Der Farbendruck, der in der Mitte des vorigen 
Jahrhunderts einsetzte, hat in der Hauptsache den manuellen Betrieb der Karten 
kolorierung verdrängt. 
Auf dem ersten Handatlas, der bei J. Perthes 1809 in Gotha erschien 5 , tragen 
die Karten keine politische Einteilung, und Heusinger, als Herausgeber, spricht 
nicht von Spanien und Portugal, sondern vom „Lande vom Atlantischen Ozean lus 
zu den Pyrenäen“, und weiter „von den Pyrenäen bis zum Rhein“, „vom Rhein bis 
zur Oder“ usw. Doch Malte-Bruns Atlas complet du précis de la géographie uni 
verselle (Paris 1812) redete mit den buntfarbigen Landumrissen eine so eindringliche 
Sprache, daß man auch in Gotha bald zum Randkolorit überging; und Stielers Hand 
atlas legte schon in der ersten Ausgabe 1817 gerade darauf besondern Wert, wie über 
haupt auf die damals noch spärlich vertretene politische und statistische Genauigkeit. 
So wurde der Atlas durch seine gediegene innere und äußere Ausstattung von Anfang 
1 J. G. Gregorii, a. a. 0., S. 72. 2 J. G. Gregorii, a. a. O., S. 266. 
3 Justus Perthes in Gotha 1785—1885. Festschrift des Verlags, S. 28. 
4 Die braunen Umrahmungen, „Caffee-Ränder“, aller Justus Perthesschcn Karten, die sich 
selbst bis Anfang der 60er Jahre erhielten, wurden mit dem edlen Mokkasaft erzeugt, was eine Spezialität 
der ,,Madame Sauerbrey“ war, die den Malmädchen Vorstand. 
5 J. H. G. Heu singer: Handatlas über alle bekannte Länder des Erdbodens. Nach einer auf 
Naturgrenzen beruhenden Darstellung der Länder entworfen, zum Studium der Geographie und Ge 
schichte, zum Jugendunterricht, und für jedes allgemeine Bedürfnis der Liebhaber der Geographie 
bestimmt. Gotha bei J. Perthes, 1809.
	        
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