Teil V.
Die Landkarte und ihr Gelände.
Geschichte und Tatsachen der Geländedarstellung.
(Morphograpliie II. Teil.)
A. Die (reländedarstellung im Altertum und Mittelalter.
I. Das Gelände, ein konstitutives Element der Landkarte.
228. Bedeutung' des Geländes für Karte und Kartenwissenschaft. In der Ge
schichte der Kartographie und in der Betrachtung der Kartographie als Wissenschaft
ist kein Kapitel gleich wichtig und interessant wie das über die Entwicklung des
Geländebildes auf der Karte. Gewiß, die Projektion, der Maßstab, die Situation und
alles, was mit der zweidimensionalen Darstellung zusammenhängt, sind nicht minder
bedeutungsvoll, aber als anschauliche, wirkungsvolle und das betrachtende Auge zu
nächst fesselnde Elemente treten sie in den Hintergrund. Wenn ich eine Landkarte
anblicke, ob in der Nähe, ob in der Ferne, ist neben dem allgemeinen Umriß das Auf
fallendste die Terraindarstellung, weil sichtlich das Wichtigste.
Ohne Gelände ist die Karte keine Landkarte im eigentlichen Sinne. Sie soll
das Antlitz der Erde wiederspiegeln. Das kann sie nur durch die Wiedergabe der
physiognomischen Eigenheiten, die sich außer im Elußgeäder vor allem in den Er
hebungen, Talungen und Runzeln der Erdoberfläche aussprechen. Ohne Terrain
kann man nicht die mannigfache Gestaltung der Erdrinde verstehen und zu keiner
sichern Erkenntnis der Tragweite jener destruierenden, ausmeißelnden und nivel
lierenden Kräfte Vordringen, die dem Antlitz der Erde ein verschieden altes und darum
charakteristisches Gepräge verleihen. Die feinen charakteristischen Gesichtslinien
werden allerdings nur in großmaßstabigen Karten, die mit der eigenartigen Indivi
dualität der Erhebungen einigermaßen Schritt halten können, festgehalten. Karten
netz und Situation sind das Fundament, das fleischlose Gerippe der Karte. Das
Terrain gibt ihr körperliche Fülle, Aussehen und Charakter. Dadurch wird es zum
konstitutiven Element der Karte.
Die Geschichte der Geländezeichnung ist als ein Ausschnitt aus der Geschichte
der Kartographie zugleich ein Teil der Kulturgeschichte der Menschheit. Dies Kapitel
aufzuhellen ist ebenso reizvoll wie dankbar. Es hat auch an mannigfachen Versuchen