Die Uranfänge der Geländedarstellung bei Kultur- und Naturvölkern.
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wenn man bei ihnen auch einen Hinweis auf eine Art Vogelperspektive rundweg ab
lehnen muß, nicht auf ein unbewußtes Angleichen an räumliche Entfernungen zurück
führen. Man denke nur an die stadtplanartigen Karten von Altbabylon, Altchina
und Altmexiko.
Anschließend sei noch bemerkt, daß es heute nicht mehr als feststehend gilt,
daß die betreffenden Goldminen in Nubien liegen. Die eine Karte gibt jedenfalls
eine Gegend in der ostägyptischen Wüste, östlich von Koptos wieder. 1 Die Gegend
der andern Karte ist unbekannt. Neuerdings hat A. H. Gardiner nachzuweisen ver
sucht, daß es sich bei den Bruchstücken überhaupt um eine, nicht um zwei Karten
handelt. 1 2
Altbybalon geht bis jetzt mit seinen kartographischen Dokumenten nicht
soweit wie Altägypten zurück. Aus dem 7. Jahrh. v. Chr. melden sich einige Bas
reliefs, die die Berge in ähnlichem Vertikalschnitt und ähnlich links und rechts um
geklappt wie die ägyptischen Papyruspläne zeigen. Die Berge sind bewaldet, die
Bäume wiederholen die Lage der Bergprofile, sind also auch links und rechts vom
Wege aus gesehen dargestellt. Bemerkenswert ist das Basrelief, das 1849 durch
Layard unter den Trümmern der assyrischen Königspaläste, im Kujundschick-
hügel inmitten des alten Ninive, aufgedeckt worden ist. 3
231. Die Karten alter Kulturvölker und Karten von Naturvölkern. Die ältesten
Karten Chinas waren in Stein und Erz eingegraben. Die Berge darauf sind per
spektivisch wiedergegeben. Aus der Zeit des halbsagenhaften Chinesen Jü, etwa
2200 v. Chr., wird von neun Bronzeurnen berichtet, deren jede eine eingeritzte Karte
mit Bergen und Flüssen der neun Provinzen Altchinas trug. 4 Das politische Staats
bewußtsein des ostasiatischen Kulturvolkes mußte danach schon einen hohen Grad
erreicht haben, was weiter den Schluß zuläßt, daß die Karten auf ältern Vorbildern
fußen.
Wie die Chinesen malten die Mongolen die Berge in perspektivischer Ansicht. 5
Zu den Japanern war die Kartographie durch die buddhistischen Mönche gebracht
worden. Auf ältern japanischen Karten begegnet man gleichfalls dieser Art Berg
zeichnung, allerdings künstlerisch gehoben und nicht selten recht wirkungsvoll. Die
Form des Fujiyama wurde dafür tonangebend. In zusammenhängender Zackenlinie
zeichnete 1795 ein Sklave die Berge auf der Karte des Königs von Ava in Siam. 6
Die alten Mexikaner waren bedeutende Landmesser und Kartographen. In
perspektivischer Ansicht zeichneten sie die Berge auf ihren großmaßstabigen Karten,
die im eigenen (administrativen) Gebiet als Katasterkarten aufgenommen waren.
1 A. Ermann, a. a. O., S. 619.
2 A. H. Gardiner in Cairo scientific journal VIII, S. 41 ff.
3 H. Layard: Discoveries at Nineveh and researches at Babylon. London 1853; deutsch von
Zenker, Leipzig 1856. — Delitzsch: Babel und Bibel. Leipzig 1902. — Abbildungen der Basreliefs
befinden sich in vorgenannten Schriften wie auch bei G. Perrot et Ch. Chipiez: Histoire de l’art
dans l’antiquité. Paris 1882—1903.
4 Richthofen: China I. Berlin 1877, S. 368.
5 Wenjukow in Geographical Magazine 1876, S. 127. — Die erste und größte mongolische
Karte, allerdings schon unter chinesischem Einfluß, ist die Darstellung des Aimak des Tuschetu-Chan,
im Gebiet der Flüsse Orchan u. Tola am Urga. Vgl. dazu Prschewalski: Reisen in der Mongolei.
Jena 1877, S. 54.
6 Von Fr. Ham il ton” veröffentlicht in Edinburgh Philosophical Journal 1820.