Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Uranfänge der Geländedarstellung bei Kultur- und Naturvölkern. 
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dem geographischen Freund des Verfassers der Karten, mit überschwänglichem Lob 
bedacht wurden, schreibt Peschei: ,,Seine Darstellung erscheint uns abschreckend 
roh und unbeholfen. Die Küsten sind mit geraden Strichen, die Binnenseen kreis 
rund dargestellt, so daß jenes gepriesene Meisterwerk (die Karte des Isstakhri von 
Persien) etwa einem Entwürfe gleicht, wie ihn ein völlig ungeübter Zeichner mit der 
Feder eilig auf das Papier trägt. Ungroßmütig wäre es daher, wollte man nach diesem 
Muster die Kunst der darstellenden Erdkunde bei den Arabern beurteilen.“ 1 
Zu einer andern Wertschätzung gelangt J. Röger 1 2 , gewiß durch den Münchner 
Kunsthistoriker E. W. Bredt veranlaßt, der öfters und an verschiedenen Stellen 
nachdrücklichst betont hat, die Gemälde und Zeichnungen und damit auch die Karten 
bilder des Mittelalters nicht mit moderner Blasiertheit zu betrachten und zu beur 
teilen, sondern sie im Geiste ihrer Zeit durch liebevolles Versenken in jene Zeit, da der 
Künstler schuf, einzuschätzen. Röger versucht das, indem er dem geometrischen 
Element — denn bei den Bergzeichnungen auf den arabischen Karten werden grad 
linige, mehr noch krummlinige, regelmäßige und symmetrische Figuren verwandt — 
Rechnung trägt und in das Wesen dieser ungewöhnlichen Darstellungsform ein 
zudringen sucht. 
Die geometrischen Elemente der arabischen Karten sind das letzte Aufflackern 
antiker Kunst; auch lassen sie orientalische Vorbilder erkennen. Da es den Arabern 
durch ihre Lehre verboten war, Lebewesen nachzubilden, legten sie nunmehr Fleiß 
auf die Ausbildung von pflanzlichen Motiven und auf die Ornamentierung von Flächen 
und Linien. Die geometrischen Elemente beherrschen in jeder Richtung die Karten 
zeichnung, was ,,sich bei der Vorliebe der Araber (und vielleicht der Semiten über 
haupt) für geometrische Konstruktionen und bei ihrer Lust am Stilisieren um so 
leichter erklären lassen dürfte, als ihnen ja die geometrische Führung der Linien und 
eine ebensolche Gestaltung der Flächen so zur zweiten Natur geworden sein mußte, 
daß sie alles, was in Linien und Flächen zur Darstellung kam, damit auch dem In 
halt der Karte, geometrisch-ornamental behandelten.“ 3 Mit der Annahme der 
Rögerschen Darlegung können wir uns manche Figur und Zeichnung der arabischen 
Karten besser zurecht legen und staunen weniger über die fünfteilige Blüte der Berge 
von Gur (Kuh-i-Baba ?) auf Isstakhris Karte von Sedjestan (Seistan?) um 950 n. Chr. 4 , 
über das schwalbenschwanzartige Gebilde des Komr- (Nilquellen-) Gebirges auf der 
Karte des Ibn al Wardi vom Jahre 1349 5 oder über die aneinander gereihten gleich 
großen Halbkreise und Bögen für die Gebirge auf vielen Karten Isstakhris. 6 
1 O. Peschei: „Geschichte der Erdkunde“. 2. Aufl. v. S. Rüge. München 1877, S. 145. — 
Die Anmerkung Pescheis „Wir warnen andererseits vor den Karten, die J. Lelewel nach arabischen 
Ortsbestimmungen in seinem Atlas zusammengesetzt hat; denn es sind Erzeugnisse nicht der Araber, 
sondern des polnischen Geographen“ ist für die Benutzer des Atlas von Lelewel beherzigenswert. 
2 J. Röger: Die Bergzeichnung auf den altern Karten. Ihr Verhältnis zur darstellenden Kunst. 
München 1910, S. 46ff. 
3 J. Röger, a. a. O., S. 47. 
4 J. Lelewel: Géographie du Moyen Age. Atlas. Brüssel 1850, T. 3. 
5 J. Lelewel, a. a. O., T. 31. 
6 Röger macht darauf aufmerksam, daß sich auf einigen italienischen Seekarten des 
15. Jahrh. symmetrisch-geometrische, zum Teil Kartuschen ähnliche Flächenfiguren für Berge vor 
finden, z. B. auf der von dem Venediger Giacomo Giraldi 1426 gezeichneten Portulankarte in der 
Markusbibliothek in Venedig oder auf Karten der gleichen Fundstelle im Atlas des Andrea Bianco 
vom Jahre 1436 und auf Biancos Seekarte vom Jahre 1448 in der Ambrosiana zu Mailand. Wertvoll
	        
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