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Die Landkarte und ihr Gelände.
Ptolemäus ruhen. Auf spätem Ptolemäuskarten sind auch diese geschwunden. Durch
Schattenschraffur verlieh man den Hügeln den gewünschten plastischen Aus
druck. Die Berge rechts zu beschatten war gang und gäbe geworden. Die Licht
quelle wurde wie heute links gelegt gedacht; auch war dies für das Zeichnen be
quemer. Daneben treten linksseitige Beschattungen (Schatten auf der linken
Seite!) auf, wie bei H. Schedel 1493 1 , S. Münster 1540 1 2 , Castaldi 1564 3 . Für Spezial
karten wird manchmal linksseitige Beschattung vorgezogen, wie auf Karten ver
schiedener Ptolemäusausgaben 4 , in C. Türsts Beschreibung der Schweiz 5 , in W. La-
zius Typichorographici Austriae 1561 6 , im Großen Atlas über die Gantze Welt
von J. B. Homann 1725. 7 Selbst innerhalb ein und desselben Kartenwerkes wechselt
die Beleuchtung. Auf den drei Teilen der Asienkarte von Jacobo Castaldi 1561 sind
die Berge auf dem ersten Teil rechtsseitig beschattet, auf dem zweiten und dritten
Teil linksseitig. Ich vermute, daß drei verschiedene Kartenstecher das Gelände be
arbeitet haben, um die Karte so schnell wie möglich zu veröffentlichen; selbst zwischen
zweitem und drittem Teil kann man in der Strichlage und -ausführung Unterschiede
in der Fertigkeit der Stecher wahrnehmen. 8
Neben der Schraffur diente, wie oben bereits angedeutet, die Farbe als Hilfs
mittel, die Berge dem Beschauer hübsch und anschaulich vor Augen zu führen. Die
Holzschnitt- und Kupferstichkarten wurden farbig manuell weiter behandelt, so
z. B. in verschiedenen Ptolemäusausgaben. Auf der Ulmer Ptolemäusausgabe (1486) in
der Ratsbibliothek zu Löbau i. S. sind die Berge mit einem mittlern Braun aus
koloriert. Weiter sei in der Reihe zahlreicher Vertreter nur auf wenige hingewiesen:
Conrad Türst hatte seine Berge grün ausgemalt, Wolfgang Lazius graubraun, J. A. Co-
menius gelblichgrün mit besonderm braunen Schattenton. 9 Viele Manuskriptkarten
des 16. bis 18. Jahrhunderts geben glänzende Belege hierfür.
Die einfache Kontur der Berge, wie man sie nach Ptolemäus auf den Karten
bildern wiedergab, wurde bald abgeändert. Einesteils entsprach dies dem Schön
heitssinn, andernteils der Naturbeobachtung, daß sich nicht alle Berge in glatter
Silhouette repräsentieren. Der Linienzug des Profils wurde entweder zart gewellt,
1 Hartmann Schedels Karte von Deutschland in seiner „Nürnberger Chronik“ 1493. Sie
ist wiederholt in seinem „Liber Cronicorum“ 1496 und in seinem „Buech der Croniken“ Augs
burg 1500.
2 Aus Seb. Münsters Kosmographie (Basel 1540): Der Erdkreis der Alten. „Ptolemaisch
general tafel / begreiffend die halbe kugel der weldt“.
3 Giacomo di Castaldi: Karte von Afrika 1564. Vgl. Nordenskiöld, Periplus. T. XLVI.
4 So die Karte von Steiermark in der modernisierten Straßburger Ptolemäusausgabe 1522,
besorgt von dem Würzburger Chronisten Lorenz Pries, desgl. in der Straßburger Ausgabe von 1524,
bearbeiett von W. Pirkheimer, und in den spätem nach Pirkheimer genannten Ausgaben von
Lyon 1535 und Wien 1541.
5 Conrad Türsts Beschreibung, die dem Stadtrat von Bern gewidmet ist, enthält eine Karte,
die als erster Versuch einer Spezialkarte der Schweiz aufzufassen ist. [Pergamenthandschrift aus dem
15. Jahrh. in der k. k. Hofbibi. Wien.]
6 Ist der erste Atlas der Deutsch-österreichischen Erblande in 11 Blättern, [k. k. Hofbibi.
Wien].
7 z. B. der Plan der Belagerung von Friedrichshall.
8 Vgl. Nordenskiöld: Periplus. T. LIV, LV u. LV1.
9 Moraviae nova et post omnes priores accuratissima delineatio, auctore J. A. Comenio; hg.
von Nicolaus Vischer s. a. [U.-Bi. Göttingen.]