Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
Schablonenberge. Das stimmt sicher für die meisten, und doch gibt es eine Anzahl 
Karten, die sich durch besondere Merkmale ihrer Terraindarstellungen aus der Masse 
der übrigen emporheben. Verschiedene Karten dieser Art wurzeln noch im Mittel- 
alter, die wichtigsten sind spätem Jahrhunderten Vorbehalten. Wegen der gene 
tischen Betrachtung können die altern Erzeugnisse nicht unbeachtet bleiben. 
Unter dem Gesichtswinkel der begrifflichen Scheidung der Gebirge betrachte 
ich folgende vier Kartengruppen: Karten mit planloser Anhäufung der Gebirge, mit 
richtiger Lage der Gebirge, mit der Hervorhebung qualitativer und quantitativer 
Unterscheidungsmerkmale der Gebirge. 
Auf den meisten Karten sind die Berge planlos über die Karte gestreut. In 
Ermanglung besserer Kenntnisse waren die Bergsignaturen ein bequemes Füllmaterial 
für Karten; man setzte die Berge nicht selten dahin, wo am meisten Platz auf der 
Karte war. Hauptsächlich sind Afrika und Asien die Kontinente, die man mit hohen 
Gebirgen ausrüstete, wobei auf manchen Karten Afrika Asien gegenüber bevorzugt 
wurde. Verschiedene Ptolemäuskarten bringen für Asien zahlreiche Berge, für Afrika 
jedoch die großem, z. B. in der Straßburger Ptolemäusausgabe vom Jahre 1513 das 
Blatt „Hydrographia sive Charta marina“. 1 Die ähnliche Gebirgsdarstellung finden 
wir auf der Weltkarte von Petrus Apianus aus dem Jahre 1520. 1 2 Daß die Berge, auf 
denen der Nil entspringt, sich der Gunst des Kartenzeichners vorzugsweise erfreuten, 
ist allenthalben bekannt. Daneben gibt es eine Menge Ausnahmen. Mächtige Berge 
bedecken das sibirische Tiefland in der Ptolemäusausgabe des Bernardus Sylvanus, 
A r enedig 1511 3 4 , oder durchziehen Zentralasien auf der Weltkarte des Benedetto Bor- 
done, Vinegia 1528. 4 Auf der Erdkarte des Amadio d’ Fries (Venedig 1662) 5 finden 
sich in Europa kaum noch Berge, die Alpen sind nur angedeutet, wohl aber sind die 
zahlreichen afrikanischen Berge viermal höher als die Alpen gezeichnet. Die Erdkarte, 
die Matthias Quad seiner Descriptio Europae (Cöln 1596) beigegeben hat, bringt bei 
Europa keinen Berg, für Asien einige im vorderindischen Anteil, dagegen auf Afrika 
mächtige und zahlreiche Berge. 6 
Das Gefühl für die Wichtigkeit der Berge war bei manchen Kartenzeichnern 
recht schwach entwickelt, ihnen kam es gar nicht darauf an, Berge da wegzulassen, 
wo sie ihnen nicht in den Situationsplan hineinpaßten; selbst auf Karten, die mehr 
speziellen Charakter trugen, scheuten sie sich nicht, Berge nur dort hinzusetzen, w t o 
keine Orte einzutragen waren. Einen krassen Beleg dieser Art sah ich in der National 
bibliothek zu Paris auf einer Karte des 17. Jahrhunderts, die sich betitelt: Partie 
de la Suisse et de la Franche Comté. Von derartigen Beispielen war sogar das 18. Jahr 
hundert noch nicht frei, wie die Karte von den „Grenzen der geographischen Kenntnisse 
der Alten“ bei Homanns Erben, Nürnberg 1761 beweist. 7 Auf ihr treten die Berge 
1 Vgl. Nordenskiölds Facsimile-Atlas, T. XXXV. 
2 Vgl. Nordenskiölds Facsimile-Atlas, T. XXXVIII. 
3 Vgl. Nordenskiölds Facsimile-Atlas, T. XXXIII. 
4 Vgl. Bordenskiölds Facsimile-Atlas, T. XXXIX. 
5 Ob die Karte von Fries „Descrittione universale della terra . . . “ (ca. 1: 24000000) bereits 
1648 erscheinen ist, erscheint mir fraglich, [k. Bi. Dresden.] 
6 Matthias Quad: Typus orbis terrarum ad imitationem universalis Gerhardi Mercatoris 
(cuius secundum cam veterum quam . . .). Coloniae 1596. 
7 Die Karte ist betitelt: Parallelismus geographiae veteris et novae de finibus orbis veterum 
et recentiorum, iuncta explicatione historico geographica, idiomate germanico conscripta. [k. Bi. 
Dresden.]
	        
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