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Die Landkarte und ihr Gelände.
Felsmassen des Untersberges und des Watzmarmes beweisen. Die Bergbilder der
Karte waren der Niederschlag eingehender Studien, die uns mit ihren landschaft
lichen Skizzen, wie z. B. von der Kampenwand im S des Chiemsees oder den Tölzer
Bergen, noch erhalten sind. 1 Neben dem Hochgebirge und seinem Yorgelände
schenkte Apian den Mittelgebirgs- und Kleinformen, selbst der morphologischen
Gestaltung der Flußufer erhöhte Aufmerksamkeit. So war und blieb er der erste
auf viele Jahrzehnte hinaus (bis ins 18. Jahrhundert), der das gesamte Gelände
eines Landes in den Kreis seiner Beobachtungen zog und ihm im Kartenbild einen
entsprechenden Ausdruck zu verleihen suchte. In Bayern diente die Apiansche Karte
allen folgenden Karten zur Grundlage, bis durch die Gründung des Topographischen
Bureaus in München Bayern an eine neue Aufnahme des Landes heranging. Auch
Sachsen würde im 16. Jahrhundert seine gute Karte gehabt haben, wenn Kurfürst
Johann Friedrich von Sachsen nicht 1582 eine genaue Aufnahme seiifes Landes durch
Apian aus kriegstechnischen Gründen abgelehnt hätte. 1 2
Um dem Gelände selbst in seinen Kleinformen gerecht zu werden, mußte ein
Kartenzeichner außer dem mathematischen und geographischem Wissen vor allem
die ausgezeichnete Beobachtungsgabe und unermüdliche Schaffenskraft eines Apians
besitzen. Der Folgezeit fehlten diese Männer. Nur in Spezialkarten begegnen wir
Anklängen an das Apiansche Muster, wie in der Karte Das Landt vnd Frl. Stifft
Berchtolsgaden mit den anstoßenden Grentzen vom Jahre 1628 3 , wo der kleine
und große Watzmann, der sich von den bewaldeten, abgerundeten Bergen des Königs
sees abhebt, charakteristisch wiedergegeben ist; das malerische Bild hält zwischen
Karte und Panorama die Mitte. In die Beihe dieser Karten gehört des Amtmanns
(Mathematikers, Ingenieurs und Glasmalers) Conrad Gyger (Geyger) prächtige und
malerische — nach R. Wolf im Maßstab 1 : 82000 entworfene — Karte des Kantons
Zürich vom Jahre 1667, auf der die Formen der Berge und Hügel, wie überhaupt die
einzelnen charakteristischen Gebirgseinschnitte der Natur gut abgelauscht sind. 4
Zu der Naturwahrheit der Gyger sehen Karte hat sich die Karte des Erzherzogtums
Kärnten von Holzwurm aus dem Jahre 1686 nicht emporgeschwungen. 5 Die Karte
hat die Größe unsrer Handatlantenkarten, aber mit einer Höhe der einzelnen Berge
(3—4 cm hoch), die kaum noch überboten werden kann. Vielleicht darf man als ein
Analogon zu Apians Karte, obwohl mit neuerer veränderter und verfeinerter Technik,
die 1774 erschienene große Karte Tirols Atlas Tyrolensis von Peter Anich (1723
bis 1766) und Blasius Hüber (1735—1814) heranziehen, wenigstens kann man auf
1 Vgl. T. 3 zu M. Gasser: Zur Technik der Apianschen Karte von Bayern. Verh. des XVI. Deut
schen Geographentages zu Nürnberg 1907.
2 Vgl. S. Rüge: Geschichte der sächsischen Kartographie im XVI. Jahrhundert. Kettl. Z. f.
wiss. Geogr. 1881, S. 91.
3 In der Lichtenstein-Bibliothek zu Wien war mir die Karte zu Gesicht gekommen. Von wem
sie, die einen Maßstab von rund 1: 70000 hat, entworfen und gezeichnet ist, darüber herrscht noch
Dunkel. Alle Erklärungen betreffend das ,,H. F.“ unter dem Maßstab der Karte sind nicht einwand
frei. Vgl. auch E. Oberhummer: Die ältesten Karten der Ostalpen. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 1907, S. 14.
4 Eine gute photolithographische Reproduktion haben Hofer und Burger in Zürich hergestellt,
„Hans Konrad Gygers Züricher Kantonskarte 1667.“ 56 Bl. mit Übersicht und einer in den Farben
vollständigen Faksimilewiedergabe des Blattes 29 „Zürich“ 1891.
5 Aigentlicher Abris, oder Landt Carten des Erzhörzogthumbs Khämdten. 1636 bereits von
J. Holzwurm(b) gefertigt, aber erst nach dem Brand von Klagenfurt. Die Karte wurde 1650 durch
H. S. Otto zu Gurniz hg. [U.-Bi. Göttingen.]