Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Begriffliche Scheidung des Geländes. 
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der Südhälfte der Karte, die von Hüber gezeichnet ist, bemerken, daß der Zeichner 
sich eifrig bemüht, die Berge so naturtreu wie möglich zu geben. Die Karte vereinigt 
in genialer Weise mathematische Projektion und perspektivische Darstellung 1 ; sie 
ist von einer staunenswerten Genauigkeit und fand die Anerkennung Napoleons I. 
und der bei der Invasion nach Tirol beteiligten Truppen, die sie ,,la carte des pay 
sans“, Bauernkarte, nannten. Das gleiche Bemühen wie bei Anich und Hüber, die 
Berge darzustellen, bemerken wir auf der farbenprächtigen Karte von Mähren (1716) 
des Johann Christoph Müller (1673—1721), des hervorragendsten Kartographen 
Österreichs aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; er hatte auch die erste moderne 
Karte von Ungarn geschaffen 1 2 , desgl. die lange Zeit maßgebende Spezialkarte von 
Böhmen 1726; bei all diesen Karten hat eine flüchtige geometrische Aufnahme statt 
gefunden und das Terrain ist à la vue eingezeichnet. 3 
242. Quantitative Differenzierung der Bergformen. Neben den orographisch 
bedingten qualitativen Unterschieden geht die quantitative Differenzierung, die es 
lediglich mit der Hervorhebung bedeutenderer Berge und Gebirge durch größere 
Darstellungsformen zu tun hat, nebenher. Auf der bereits herangezogenen Ptolemäus- 
karte der Westalpen aus der 1478 in Rom gedruckten Ausgabe versuchte der Zeichner 
die mächtigere Entfaltung der Gebirge in der Gegend des Montblanc anzudeuten. 
In dem Supplementum zur Straßburger Ptolemäusausgabe, die 1513 Mart. Wald 
seemüller und Matth. Ringmann versorgten, findet sich die Tabula nova pro- 
vinciae Rheni superioris; der Zeichner dieser Karte kannte das Elsaß aus eigener 
Anschauung, was man an der Heraushebung des Hügelzuges des Kochersberges und 
der Vogesen, die nach S zu an Höhe gewinnen, erkennt. Seb. Münster, G. Mercator 
drückten bei aller schematischen Zeichnung der Bergprofile die relative Bedeutung 
der Berge und Gebirgsmassen durch verschieden groß gewählte Formen aus. 
Die Alpenkarten sind für Beispiele der quantitativen Unterscheidung eine er 
giebige Quelle. Aegidius Tschudi (1505—1572) hob auf der Karte der Schweiz 
aus dem Jahre 1538 bzw. 1560 — die erste Ausgabe ist nicht mehr erhalten — die 
Walliser Alpen durch große Bergsignaturen hervor; der St. Gotthard wird als größter 
Berg der Alpen, „Summae Alpes“, anerkannt. Die Karte Tschudis hat vielen andern 
Schweizer Karten zugrunde gelegen; sie erscheint reduziert in A. Ortelius’ Theatrum 
orbis terrarum“, Antwerpen 1570 u. ö., in Seb. Münsters Kosmographie, 1544 u. ö., 
desgl. auf der Schweizer Karte des Ant. Salamanca mit nordwestlicher Orientierung. 
Letzterer Typus wurde für die italienische Kartographie maßgebend (E. Ober 
hummer). Auch Joh. Stumpf (Schwyzer Chronik 1548) und G. Mercator (Atlas 
1595 u. ö.) 4 zehrten von Tschudis Schweizer Karte. Thomas Schöpf unterscheidet 
1 G. Bancalari: Studien über die österreichisch-ungarische Militärkartographie. S.-A. aus 
d. Organ der militär-wissenschaftl. Vereine. Wien 1894, S. 10. 
2 Vgl. Jos. Paldus: Johann Christoph Müller. Ein Beitrag zur Geschichte vaterländischer 
Kartographie. Mitt. d. k. k. Kriegsarchivs. Dritte Folge. V. Wien 1907, S. 11, 29. — K. Peucker: 
Der österreichische Topograph Joh. Chr. Müller (1673 — 1721) u. d. vaterländische Kartogr. Mitt. d. 
Geogr. Ges. in Wien 1908, S. 149ff. 
3 Den Maßstab dieser Karte hat H. Hartl zu 1: 137500 ermittelt. Mitt. d. k. k. militärgeogr. 
Instituts. Wien 1884, S. 185. 
4 Vgl. H. Ferrand: Les cartes alpines de l’Atlas de Mercator. Grenoble 1905. — Ferrand hat 
sich eingehender mit der Geschichte der Kartographie der Westalpen beschäftigt, unter seinen Publika 
tionen ist die wichtigste: Essai d’histoire de la cartographie alpine pendant les XVe, XVIe, XVIIe et 
XVIIIe siècles“. Bull, de la Soc. de Statist, etc. Dép. de l’Isère. Grenoble 1903.
	        
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