Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
Von Frankreich aus war der Anstoß zu einer modernen, großzügigen Staatstopo 
graphie gegeben worden. Hin und wieder finden sich noch einige Karten, die man 
als Übergänge von der perspektivischen zur geometrischen Auffassung des Geländes, 
zur Grundrißmanier in Schraffen bezeichnen kann, wie die von Baraga entworfene 
Übersichtskarte von Krain 1778 1 und die von Heinbucher im Jahre 1798 gezeichnete 
Karte von Cattaro und Umgehung. Selbst Graf v. Schmettau ist von dieser Über 
gangsphase nicht frei. 1 2 Die Karten der militärischen Aufnahmezentralen sorgten 
für die Verbreitung kartographischer Neuerungen; die neue Terraindarstellung wurde 
bald allgemein verstanden, der die private Kartenindustrie durch Kartell meist kleinerer 
Maßstäbe bedeutend Vorschub leistete. Um jene Zeit fingen Männer wie Heineken 
(S. 444), Gilly, Reymann, Sotzmann und Oesfeld zu messen und zu zeichnen an. 
Durch den Maßstab auf der Mitte zwischen topographischer Spezialkarte und 
allgemeiner Übersicht stehend, melden sich zwei bedeutende private Kartenwerke, 
deren eines heute noch bekannt und geschätzt, während das andere dem Vergessen 
anheimgefallen ist. Letzteres geschah mit der Karte des kgl. preußischen Herzog 
tums Vor- und Hinterpommern in 1 : 175000, die Oberbaurat G. Gilly, der Lehrer 
Schinkels, 1789 zu Berlin herausgegeben hatte. Sie w r ar nur einem kleinern Gebiet 
gewidmet, dagegen hatte sich die bekannte Reymannsche Topographische Spezial 
karte von Mitteleuropa, kurzweg die „Reymannsche Karte“ genannt, in 1:200000 
ein großes und weites Ziel gesetzt. 1806 wurden die ersten 6 Blätter: Wieck, Arkona, 
Stralsund, Bergen, Demmin und Anklam veröffentlicht. Trotz der größten Schwierig 
keiten, mit denen das groß angelegte Kartenwerk von Anfang an zu kämpfen hatte, 
hat «s sein Schöpfer durch Ausdauer und Fleiß, dank auch seiner Stellung als In 
spekteur der kgl. Plankammer in Berlin fertiggebracht, der Karte die nötige Lebenskraft 
und Anerkennung zu erhalten. Als G. D. Reymann 1882 aus dem Leben schied, 
hatte er selbst 182 Sektionen der Karte herausgegeben. Die Fortsetzung übernahm 
Oesfeld bis 1844, wo das Kartenwerk an die Firma Carl Flemming in Glogau über 
ging und durch Fr. Handtke weitergeführt wurde. Im Laufe der Zeit ist die Be 
arbeitung naturgemäß nicht gleichmäßig geblieben, hingegen die ganze Anlage und 
Auffassung. Das Werk wuchs über die Leistungsfähigkeit einer Privatfirma hinaus 
und konkurrierte zuletzt mit ähnlichen Unternehmungen der kgl. preußischen Landes 
aufnahme, so daß sich diese entschloß, 1872 die Karte zu übernehmen; sie führt von 
nun ab den Titel „Topographische Spezialkarte von Mitteleuropa im Maßstab 1:200000“. 
Sie sollte das vollenden, was Reymann geplant und ausgeführt, was aber die Kraft 
eines Fünzelnen überstiegen hatte. Hundert Jahre haben bis jetzt nicht gereicht, das 
Werk in seinen geplanten 796 Blättern vollständig zu veröffentlichen. 3 In gleicher 
ausgezeichneter Ausführung, in Heliogravüre (früher in Kupferstich und Litho 
1 Eine Übersichtskarte von Krain (Karte trägt keinen besondern Namen) von Fr. X. Baraga. 
Labaci 1778. [U.-Bi. Gott.] Durch einzelne Bergbilder werden die Alpen bezeichnet und durch Schraffie 
rung die Vor- und Mittelgebirge. 
2 Topographische Karte einer Gegend in Böhmen, hg. 1794 durch F. W. C. Graf v. Schmettau. 
[U.-Bi. Gött.] — Hierher gehören noch zwei andere Karten der Göttinger Universitäts-Bibl. „Carte 
générale de l’empire d'Allemagne“, par Chauchard. Paris s. a. und „Atlas national de la France, 
en Departements“. Paris 1790—1806, in 1:259000. 
3 Leider hat sich die preußische Landesaufnahme jetzt dazu entschließen müssen, die Karte, 
von der bisher 514 Blätter veröffentlicht worden waren, eingehen zu lassen. Sie findet ihren Ersatz, 
wie es im Jahresb. der Landesaufnahme, Berlin 1921, S. 58 heißt, in der Topograph. Übersichtsk. 
des Deutschen Reichs 1 : 200000, die allerdings nur das bisherige Reichsgebiet umfaßt.
	        
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