Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Lehrjahre iu den neuen Geländedarstellungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. 457 
gleichen Jahre 1830, als Olsen die verbesserte hypsometrische Karte herausgab, 
brachte Papen seine Höhenlinienkarte des Harzes auf den Markt. Auf Papens Topo 
graphischem Atlas des Königreichs Hannover und Herzogtums Braunschweig in 
1 : 100000, Hannover 1832—1847 1 , erschienen die Niveaulinien im Verein mit einer 
reichen Anzahl von Höhenzahlen. Dadurch zeichnete sich das Kartenwerk 
auf das vorteilhafteste von mehreren Kartenwerken gleichen Maßstabes aus und 
wurde schon seinerzeit als eine geographische Quelle zum Studium der Oberflächen 
gestaltung Hannovers gepriesen. 
Noch war die Schichtlinienkarte farblos. Da kolorierte 1835 Carl af For- 
sell auf seiner Karte der südlichen Teile von Schweden und Norwegen in 1 : 500000, 
nachdem sie ihm als reine Schichtlinienkarte zu nackt ausgesehen hatte 1 2 , die Schichten 
bis 300 Fuß grün, bis 800 rot, bis 2000 gelb, was darüber lag, blieb weiß. 3 Auch Papen 
war durch die bloße Schichtlinienkarte nicht befriedigt worden, sie gab ihm noch 
kein Bild des Geländes, vor allem zeigte sie auf den ersten Anblick nicht die Zusammen 
hänge und gleich hohen Stufen. Die Bedeutung der mühsam erworbenen Höhenzahlen 
kam in der nackten Schichtlinienkarte zu wenig zur Geltung. So kam er auf die Idee, 
für die einzelnen Schichten Farbe anzuwenden. Das Fazit war die Höhenschichten 
karte von Zentraleuropa in 1:1000000. Ihre Herausgabe war in 12 Blättern ge 
plant, deren erstes 1853 in Frankfurt a. M. erschien. 4 Sechzehn Farben wurden an 
gewandt, für die fünf untern Stufen leichtere und die obern gesättigtere Töne. Wenn 
darauf Bedacht genommen sein soll, daß benachbarte Farben einigermaßen kon 
trastieren, muß doch gesagt werden, daß sie wahllos aneinander gereiht worden sind. 
Diese Überdeutlichkeit wurde zur „Harlekinade“, um einen Ausdruck Fr. v. Hauslabs 
zu gebrauchen, aus Terrainbildern wurden bunte schematische Darstellungen; es 
fehlte eben das System im Aufbau der Farbenreihe. Beim ersten Anblick der Papen- 
schen Karte dürfte man zunächst kaum auf eine bloße Terrainkarte schließen, so 
scheinbar geologisch mutet sie einen an. Was Wunder, daß die Karte in einer großen 
staatlichen Bibliothek unter die geologischen Karten eingereiht ist! Die Papensche 
Karte ist ein Unikum; sie wurde bekannt, besprochen und belobt, aber nicht nach 
geahmt wegen des ungewohnten Aussehens und der mit dem Farbendruck, der damals 
noch nicht auf der Höhe stand, verbundenen Herstellungskosten; hat sie ja selbst ihr 
eigenes Ende nicht erlebt. 
2G3. Die Erstlinge der Höhenschielitkarten. Das Lorbeerreis, das H. Wagner 
für Hermann Berghaus gepflückt hat 5 , indem er besonders anerkennend liervorhebt, 
daß Berghaus 1857 noch vor dem Erscheinen der Papenschen Karte von Mitteleuropa 
eine solche für den Stielerschen Atlas geschaffen habe, was das Denkmal eines be 
deutenden Geistes sei, wollen wir nicht zerpflücken, trotzdem jedoch nicht unerwähnt 
1 Der Atlas umfaßt 67 Blätter. 
2 Die schwedische Originalausgabe „Karta öfver Soedra Delen af Sverige och Norrige“, Stock 
holm 1815—1826, ist keine Höhenschichtenkarte, da sie nur die Fjelds grün koloriert. [Handkolorit 
auf dem Exemplar im Kriegsarchiv Wien.] — Die Berliner Ausgabe von 1835, s. oben, erschien bei 
Roden. Interessant ist, daß sich in dem Begleitwort zur Karte das erste Beispiel einer Berechnung 
der von den Schichten eingenommenen Areale findet. 
3 Vgl. A. Steinhäuser, a. a. O., S. 71, 72. 
4 Die Karte stand unter der Redaktion von Aug. Ravenstein. Nur 9 Blätter des Werkes sind 
erschienen. 
5 H. Wagner: Hermann Berghaus. P. M. 1891, S. II.
	        
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