Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
vor 1 , indem er das Braun der Gebirgsschraffe gleich zur Darstellung des Tief- und 
Hügellandes benutzte. Das Tiefland von 0—300 Fuß Höhe zeichnet sich durch 
gleichmäßige engste Flächenschraffierung aus, das Übergangs-, also das Flach- und 
Hügelland zwischen 300 und 500—600 Fuß Höhe durch weitläufige und demnach 
heller erscheinende Flächenschraffierung; alle Erhebungen des Bodens von mehr als 
600 Fuß Höhe erscheinen weiß (im Sinne der Begionalfarben). Die Abfälle der Berge 
und Gebirgslandschaften sind je nach Steilheit und Höhe durch stärkere oder feinere, 
durch dichte oder weniger dichte Bergstriche bezeichnet, ganz wie es auf den übrigen 
Karten Sydows üblich war. In dem alten Stielerschen ,,Schulatlas über alle Teile 
der Erde“ erscheint unter allen Karten nur eine, die Gebirgskarte von Deutsch 
land, mit dem Sydowschen Tieflandgrün. 1 2 Daß diese Farbengebung auch ander- 
weit in der Kartographie Anklang fand, zeigt der Atlas zu Alex. v. Humboldts Kos 
mos (S. 450), in dem sämtliche Karten (Tafel 22—30), die die Länder und Erdteile 
in physischer Bezeichnung illustrieren, das Tieflandgrün aufweisen. 
Das Sydowsche Grün und Braun beherrschen heute noch die meisten deutschen 
Schulatlanten, schon zu Sydows Zeiten nachgeahmt von Adami, Ewald, Groß, 
Völter u. a.; wenn sie auch in verschiedene Nuancen zerlegt sind, so daß auf den 
Karten fünf bis sieben und acht Farben erscheinen, sind sie doch im Grunde ge 
nommen über Sydow kaum hinausgekommen. 
265. Die Suprematie der Schraffe. Die eine Farbe, selbst wenn sie durch Schraf 
fierung in zwei Nuancen, für das Tiefland und das Hügelland, zerlegt war, konnte 
kein wahres Bild der Geländeformen geben, wenn nicht die Schraffe in ausgiebigster 
Weise zu Hilfe genommen wurde. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts be 
herrscht die Schraffe vollständig die Geländedarstellung, ja das ganze geographisch 
kartographische Denken, Fühlen und Schaffen. Was Lehmann gelehrt hatte, schlug 
langsam und sicher Wurzel und wurde insonderheit in der deutschen kartographischen 
Schule verständnisvoll und treu gepflegt und glänzend weiter entwickelt. 
Bei der Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung der Schraffenzeichnung 
und der Beurteilung ihres Wertes hat man streng zwischen topographischen und 
chorographischen Karten zu unterscheiden. Auch bei der Schraffenzeichnung spielt 
der Maßstab eine große Bolle. Infolge des großen Maßstabs konnten die Original 
aufnahmen der Landesaufnahmen schneller mit den Schwierigkeiten der Schraffen- 
darstellung fertig werden als die Karten kleiner Maßstäbe. Einwandfreie Schraffuren 
darf man indessen auch bei den offiziellen Karten damaliger Zeit nicht voraussetzen. 
Die Gesetze, wie sie teils von Lehmann, teils von Franzosen für den Lauf, die Länge, 
die Stärke und gegenseitige Entfernung der Schraffen aufgestellt worden waren, sind 
noch nicht in Fleisch und Blut der Kartenzeichner übergegangen. Ausnahmen gibt 
es ja immer. Der erste Eindruck ist nicht selten ein günstiger, jedoch bei genauerm 
Hinschauen merkt man, daß das durch die Schraffe veranschaulichte Gelände nicht 
genügend dem entspricht, was man von einem Nachbilden wirklicher Verhältnisse 
fordern muß. Zur höchstmöglichen Vervollkommnung der Schraffe hatte der Kupfer 
stich sein Bestes beigetragen. 
1 In 36 Karten, Gotha, I. Lieferung 1847. Vollendet erschien der Atlas 1849. 
2 Die „Fluß- und Bergkarte von Deutschland und den angrenzenden Ländern“ von A. Stieler, 
1820, erschien in vermehrter Auflage 1855 durch A. Petermann; die Schraffen des Geländes werden 
außer durch das Tieflandgrün noch durch eine zweite Regionalfarbe, das „Braun“ der Gebirgsland 
schaften unterstützt.
	        
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