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Die Landkarte und ihr Gelände.
Schraffen gut gekennzeichnet. Auf englischer Seite treten uns innerhalb des ersten
halben 19. Jahrhunderts keine bemerkenswerten Schraffenkarten entgegen. Die
Schraffen wurden in der alten Eaupenmanier weiter gezeichnet. 1
Nach den ersten großem Publikationen von A. Arrowsmith (1750—1824) mußte
man mehr erwarten. Wohl läßt er sich auf seinen Karten von Asien, Afrika, Amerika
von der perspektivischen Ansicht der Berge in dachförmiger Anordnung und dem
entsprechender Schraffur leiten, indessen hat er recht hübsch auf seiner großen
Deutschlandkarte 1 2 das Gelände ausführlicher in Schraffen behandelt, wenn auch
manchmal das Baupenartige in der ganzen Anlage durchschlägt. Auf seiner Karte
von England und Wales 3 scheint er sich zu einem Meister der Schraffe durchgearbeitet
zu haben; sie erscheint nicht mehr in der langweiligen Euchsschwanzmanier, Leben
und Bewegung stecken in der Geländedarstellung. Leider ist er im Atlas of ancient
geographie, London 1829 4 , wieder in die alte Raupenmanier verfallen. Auf der einen
Karte dieses Atlas erstrecken sich die Alpen als einziger Gebirgsstrang quer durch
Europa, auf den andern Karten kriechen vereinzelte Raupen über das Kartenblatt.
Eine solche Rückfälligkeit Arrowsmiths hat der Entwicklung der englischen Karto
graphie, insonderheit der Geländedarstellung auf Jahrzehnte hinaus geschadet.
Mit den letztgenannten norwegischen und englischen Karten sind wir in das Ge
biet der chorographischen Karten hinübergeführt worden. Dabei kann an einem Karten
werk nicht vorübergegangen werden, das an der Grenze zwischen topographischer
und chorographischer Karte steht, nämlich an J. G. Mayers Atlas der Alpenländer 5 ,
nicht zu verwechseln mit der S. 468 erwähnten Schweizer Karte von Meyer. Während
eines langen, kartographischem Schaffen gewidmeten Lebens war J. G. Mayer mit
der Gebirgsnatur der Alpenwelt innig vertraut geworden. Bei seinem sonstigen
Zeichentalent war die Vorbedingung für eine gute Alpenkarte gegeben. Die Schraffen-
zeichnung, von NW" und N beleuchtet, ist sauber und penibel. Wie im Laufe der Jahr
zehnte sich das Urteil über die Geländedarstellung ändert bzw. läutert, dafür gibt
gerade das Mayersche Kartenwerk ein lehrreiches Beispiel. In den gleichsam zur
Einführung dienenden Worten „Zur neuesten Kartographie der Alpenländer“ heißt
es 6 , daß bei der Karte die „möglichst plastische, übersichtliche, auch bei anhaltendem
Anblick dem Auge wohltuende Haltung des Terrains zu rühmen ist.“ Von einer dem
Auge wohltuenden Wirkung können wir heute nicht mehr reden, im Gegenteil, die
Betrachtung des Bildes ist für das Auge höchst anstrengend. 7 Die Schraffen sind zu
klein, zu gleichmäßig, zu wenig moduliert, und das Urteil E. v. Sydows wird hin
fällig, wenn er sagt, daß in der Darstellung des Hochgebirges sich „ein praktisches
Genie bewährt“, .... „denn so mächtig wie uns das Felslabyrinth der Alpen mit
seinen Eiszinnen auch entgegentritt, so charakteristisch ist es doch in seinen ver-
1 Vgl. den Atlas „Geographical Cyclopaedia“, Edinburgh; hg. von J. Thomson 1834.
2 Maps of the physikal divisions of Germany. London 1812. [Br. M. London.]
3 Map of the hills, rivers, canals and principal roads, of England and Wales. London 1815.
[Br. M. London 1 Exemplar, auch in der U.-Bi. Gött.]
4 1 Exemplar dieses Atlas i. d. Bibi, von J. Perthes, Gotha.
5 J. G. Mayers Atlas der Alpenländer: Schweiz, Savoyen, Piemont, Südbayem, Tirol, Salz
burg, Erzherzogtum Österreich, Steiermark, Illyrien, Oberitalien usw., 9 Bl. in 1:450000. Gotha
1858 ff.
8 P. M. 1858, S. 308.
7 Vgl. den als Probe mitgeteilten Kartenausschnitt (Gebiet des Genfer Sees) auf T. 12 in P. M.
1858.