Die Lehrjahre in den neuen Geländedarstellungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. 465
schiedenen Teilen abgestuft.“ 1 Hier ist ihm offenbar die Begeisterung für das Werk
des Verlages, für den er auch arbeitete, mit dem Blick fürs Wesentliche durchgegangen.
Das Felsenlabyrinth der Alpen ist viel zu ,,fitzlich“ (kleinlich) dargestellt, die groß
zügige, in der Seele des Kartographen verarbeitete Behandlung des Geländes fehlt,
die verschiedenen Abstufungen kommen durchaus nicht zur wünschenswerten Ver
anschaulichung. Doch wollen wir dem Urteil Sydows insofern gerecht werden, indem
wir zugeben, daß es für seine Zeit, die noch nicht w T ie die heutige durch gute Gelände
bilder verwöhnt ist, am Platze sein mochte.
Die Alpenkarte von Mayer ist zugleich ein treffender Beleg für die Schwierigkeit,
auf Karten kleinern Maßstabes einer harmonischen und die großen orographischen
Zusammenhänge widerspiegelnden Schraffenzeichnung Meister zu werden, was über
dies auch Hand- und andern Altas- wie einzelnen chorographischen Karten in der
ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts nie recht gelungen ist. Wie unermüdlich
haben Heinr. Berghaus, Adolf Stieler u. a. gearbeitet, bevor sie ein halbwegs be
friedigendes Terrainbild gewonnen hatten. Wie ungeschickt und grob ist die Schraffen
zeichnung auf Stielers Karte von Tirol und Vorarlberg 1 2 , wie nur wenig verbessert in
seinem Handatlas 3 , mehr jedoch auf der Karte von Deutschland, die er mit dem
Hauptmann von Stülpnagel und J. C. Bär 4 zusammen bei J. Perthes in Gotha 1836
herausgab 5 , deren jede Neuauflage auch in der Terrainzeichnung einen Fortschritt
bedeutete.
Gefällig und sinngemäß wird die Schraffe gezeichnet, aber da, wo keine genauen
Grundlagen vorhanden waren, fällt man immer wieder in die alte Raupenschraffen-
manier zurück. Wie ungeschickt die Schraffen behandelt wurden, zeigt die Spezial
karte von dem Thüringer Waldgebirge von C. F. Weiland, Weimar 1834, w t o runde
und längliche Schraffenhaufen kurzerhand aneinander gefügt sind. In Reichardi
orbis terrarum antiquus 6 , einem durch seine Gebirgsdarstellung unter ähnlichen zeit
genössischen Publikationen auffallenden Atlas, sind die Schraffen lang gezogen, klar
1 E. V. Sydow i. P. M. 1860, S. 463.
2 In Nürnberg erschienen. [U.-B:. Gott.]
3 Handatlas über alle Teile der Erde, nach dem neuesten Zustande, und über das Weltgelände,
nebst einem geogr. Texte. Hg. u. gemeinschaftl. mit C. G. Reichard bearbeitet von Ad. Stieler.
Gotha. I. Lieferung 1817. Der Atlas sollte 50 Blätter enthalten, wurde jedoch im Laufe des Erscheinens
erweitert u. 1831 mit 75 Blättern abgeschlossen. — Die 9. von Grund aus neu bearbeitete und neu
gestochene Aufl. von Stielers Handatlas erschien Gotha 1905, die 10. erscheint seit 1920 unter der
Redaktion von H. Haack.
4 Joseph Christoph Bär, ein Pendant zu Anich und Hüber, ist der Sohn einfacher Bauern;
er kam als Bursche in Stielers Haus, wo man sein Zeichentalent entdeckte und er die rechte Hand
Stielers wurde, nach dessen eigenem Ausspruch „sein treuer Gehilfe, ohne dessen prüfendes Auge fast
keine Zeichnung dem Grabstichel, keine Platte der Presse übergeben wurde“. Ganz besonders ver
dienstlich waren Bärs geodätische hypsometrische Arbeiten für das Herzogtum Gotha und den
Thüringer Wald.
5 „Karte von Deutschland, dem Königreich der Niederlande, dem Königreich Belgien, der
Schweiz und den angrenzenden Ländern bis Paris, Lyon, Turin, Mailand, Venedig, Ofen, Königsberg“
in 25 Bl. Entworf. u. hg. von Adolf Stieler, Gotha 1829 — 1836. — Der Maßstab 1:740000 gestattete
eine für die damalige Zeit halbwegs befriedigende Behandlung des Terrains und eine gewisse topo
graphische Vollständigkeit. Ein dazu vorgesehenes ausführliches Repertorium kam nie zur Ausführung.
Neuauflagen dieser Karte liegen vor aus den Jahren 1855, 1866.
6 Hg. v. D. Campen in Nürnberg 1818 — 1827.
Eckert, Kartenwissenscliaft. I. 30