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Die Landkarte und ihr Gelände.
So wurde die Dufourkarte das leuchtende Vorbild z. B. für C. Vogels Karte der Schweiz
1 : 925 000. 1
275. Der Siegfriedatlas (Siegfriedkarte) und sein Einfluß. Was Uufour in der '
fertigen Karte verschmähte, wird in dem Hauptwerk der schweizerischen Karto
graphie, dem Topographischen Atlas der Schweiz 1 2 in 1 : 25000 und 1 : 50000 fürs Hoch
gebirge, der von 1868, bez. 1870 an veröffentlicht wird, zur Hauptsache der Gelände
darstellung, nämlich die Wiedergabe der Niveau kurven. Sie werden in rotbraunen
Linien in Abständen von 10 zu 10 m auf den Blättern in 1 : 25 000 und von 30 zu
30 m in 1:50000 gezogen; auf den erstem sind die 100 m-Linien, bei den andern
die 300-m-Linien gestrichelt, stellenweise wird die 5 m-Kurve interpoliert. Die
Karte verzichtet bei ihrem nackten Isohypsengerippe auf die plastische Wirkung
der Dufourkarte. Die an den steilen Böschungen zusammengedrängten Schicht
linien sind ein schwacher Ersatz für die räumliche Wirkung der schräg beleuchteten
Schraffen der Dufourkarte. Leben und Bewegung bringt in das Kartenbild lediglich
die ausführliche Felszeichnung. Dadurch und "durch die peinliche Akkuratesse der
Gesamtzeichnung wird das Schweizer Kartenwerk, das nach seinem großen Förderer,
dem Obersten H. Siegfried, Siegfried atlas, auch Siegfried karte genannt wird,
gleichfalls zu einem Meisterwerk der Topographie und Kartographie.
Mir kommt es bei meinen Erörterungen weniger darauf an, alle Kartenwerke,
die als „Meisterwerke der Kartographie“ (diese Bezeichnung ist mit der Zeit recht
wohlfeil geworden) bezeichnet sind, vor das Forum meiner Untersuchung zu ziehen,
als vielmehr zu untersuchen, wie groß der Einfluß der Kartenwerke und Einzel
karten auf ihre Zeit, d. h. auf die Kartographie, Geographie und zuletzt auch auf
die Kultur gewesen ist.
Die Siegfriedkarte ist von den Bergsteigern außerordentlich geschätzt; sie hat
wesentlich zur Förderung des Alpinismus beigetragen. Für die Kartographie des
eignen Landes wie des ganzen Alpengebiets wurde sie tonangebend, bei weitem
mehr als die Dufourkarte; ihre Geländedarstellung ist mit großem Geschick auch
auf die Westalpen übertragen worden. Die Zeitschrift des Deutschen und Öster
reichischen Alpenvereins wurde ein Hort der wertvollen Karten, die L. Aegerter
in der Manier des Siegfriedatlas in 1 : 25000 entwarf und weiter entwickelte. 3 Unter
ihnen sei die Karte der Brentagruppe 1908 hervorgehoben, ein herrliches Kartenwerk,
das in seiner rotbraunen, dem Terrain so treu wie möglich angepaßten Isohypsenführung
wie in seiner packenden, lebenswahren Felszeichnung seinesgleichen sucht. Daß noch
1918 und 1920 die herrlichen Karten der Gesäuseberge und des Brennergebietes
1 Die herrliche Karte C. Vogels erschien 1869 zum erstenmal als T. 13 in P. M. zu B. Studer:
Die Schweizer Alpen u. ihre orographische Gruppierung. — Sie bildete einen wertvollen Bestandteil
des Kartenmaterials in Stielers Handatlas, und zwar als Nr. 16 in der Ausg. v. J. 1894, also der letzten
Ausg. von Stielers Handatlas, die noch die Gebirge in Schwarz der Situationsplatte brachte. Ich speziell
stelle gerade dieses Blatt über das entsprechende in der neuen Buntdruckausgabe des Atlas, das weit
geringere plastische Wirkung hat.
2 Topographischer Atlas der Schweiz im Maßstab der Originalaufnahmen nach dem Bundes
gesetz vom 18. Dez. 1868 vom eidgenössischen Stabsbureau veröffentlicht.* 591 Bl.
3 Es sind folgende Karten in 1:25000: Langkofel- u. Sellagruppe 1904, Marmolatagruppe 1905,
Allgäuer und Lechtaler Alpen, westl. Teil, 1906, östl. Teil 1907, Ankogel-Hochalmspitzgruppe (1:50000)
1909, Lechtaler Alpen 1911, Heiterwald u. Muttekopfgebiet 1912, Arlberggebiet 1913, Dachsteingruppe
1915, Kaisergebirge 1917, Gesäuseberge 1918, Brennergebiet (1:50000) 1920.