Die Meisterjahre in der Geländedarstellung von der Mitte des 19. Jahrh. bis zur Gegenwart. 475
lierausgegeben wurden, ist ein beredtes Zeugnis von dem unermüdlichen Kunstschaffen
Aegerters wie dem unerschütterlichen Bestreben des Deutschen und Österreichischen
Alpenvereins, seinen Mitgliedern nur Bestes zu bieten.
Die Siegfriedkarte hatte die Ansicht über die Notwendigkeit der Schichtlinien
im Kartenbild bedeutend gefördert. Allmählich bequemte sich die großmaßstabige
Schraffenkarte dazu, ihr altes Hilfskonstruktionsmittel, die Schichtlinie, sichtbar
auf dem Kartenbild zu belassen. Die österreichische Spezialkarte in 1 : 75 000 ist
die erste große topographische Karte, bei der das senkrecht beleuchtete Kartenbild
mit feinen Isohypsen bedeckt ist, die, gleichfalls in Schwarz, im Abstand von 100 m,
in flacherm Gelände auch von 50 m, eingetragen sind. Ausgenommen sind die
Blätter, die über die alte Monarchiegrenze hinaus montenegrinisches, serbisches und
rumänisches Gebiet umfassen, für das kein genügendes Material zu einer sichern
Schraffengebung, da diese im Gelände bereits geschaffen wird, vorlag. Man be
gnügte sich mit den Schichtlinien und dem Schraffenersatz, der Schummerung.
Die Bemühungen Y. v. Streffleurs 1 , die Schraffen ganz zu beseitigen und sie nur
durch Schichtlinien zu ersetzen, gelang nicht in Österreich. In andern Ländern war
man dazu übergegangen, die Aufnahmen nur in Schichtlinien darzustellen und die
entsprechenden Originale auch nur mit Schichtlinien zu veröffentlichen.
Mit der Siegfriedkarte wurde keineswegs die Bedeutung der Isohypsen für
die Geländedarstellung der alpinen Gebiete inauguriert. Für die Schichtlinien
zeichnung hatte in der Hauptsache schon Joh. Melch. Ziegler gewirkt, der 1850
seinen Hypsometrischen Atlas in Winterthur herausgab und 1866 die Hypso
metrische Karte der Schweiz in 1 :380000. Es lag in seiner wissenschaftlichen
Natur, bei der Beleuchtung des Geländes, sobald er sich der Schraffen bediente, dem
Lehmannsehen Prinzip zu huldigen. Nur wo es galt, den Masseneffekt hervorzuheben,
ging er leise zur schrägen Beleuchtung über. Das Studium des morphologischen
und geologischen Elements bei der Terraindarstellung war ihm die Vorbedingung
zu einer guten Karte, zu der Kofistka später noch das kulturgeagraphische hinzu
gesellte.
Aus der Schule Zieglers ging der vortreffliche Rudolf Leuzinger hervor 1 2 ,
der sich 1866 mit einem ziemlich reifen Erzeugnis, der Karte Ober-Wallis, Berner
Alpen und Simplongebirge in 1 : 200 000 in Petermanns geographischen Mitteilungen
einführte. 3 Die Alpengrate treten schärfer, nicht so weich und unruhig wie auf
frühem Alpenkarten in Schraffen hervor. Am glänzendsten bewährte sich sein
Talent bei der Herstellung reliefartiger Karten, auf die ich später zu sprechen komme,
und bei der Mitarbeit am Siegfriedatlas; denn die von ihm lithographierten Blätter
waren in der Charakteristik von bisher noch nie erreichter Vollendung, und ihnen
verdankt die Schweizer Kartographie einen großen Teil ihres Rufes im Ausland. 4
276. Die Felszeichnung. Einfluß neuer Aufnahmemethoden auf die Gebirgs-
zeichnung. Die Geländedarstellung der Dufourkarte wurde auf Karten kleinen
1 Val. v. Streffleur: Der gegenwärtige Standpunkt der Bergzeichnung in Karten u. Plänen.
Österr. milit. Zeitschr. III. 1867, S. 117.
2 L. Held: Kartograph R. Leuzinger. Jahrh. d. S. A.-Cl. XXXI. 1895/96, S. 296.
3 P. M. 1866, T. 11.
4 Vgl. K. C. Amreins Bericht über die Kartographie der Schweizerischen Landesausstellung
Zürich 1883. Zürich 1884, S. 14.