Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Gelände. 
Maßstabs nachgeahmt, wenn zunächst auch nicht mit der Eleganz und Präzision 
des Vorbildes. Es kostete viel Arbeit, den Zeichnungen kleinen Maßstabs den scharfen 
Grat des Eelsrtickens zu verleihen. 1 Gegen Ende der sechziger Jahre verschwindet 
das Unruhige der Schraffur wie das Weiche und Verschwommene in der Behandlung 
der Gipfel und Bergrücken. Die Zeichnung der Siegfriedkarte eignete sich weniger 
zur Nachahmung. Deshalb ist sie lediglich für Karten gleichen oder ähnlichen Maß- 
stabs von Bedeutung gewesen. Der Grund liegt weniger in der Isohypsen- als viel 
mehr in der Felszeichnung, die ihre Aufgabe nur in Karten großen Maßstabs be 
friedigend lösen kann. Ihre Güte ist zugleich ein Wertmesser für die Alpenkarten. 
Darum beschäftigte sich Penck ausführlicher mit der Felszeichnung. Es ist ein 
interessantes Kapitel, die Felsdarstellung von der schematischen Zeichnung bei Cas 
sini bis zu den modernen Alpenkarten im Siegfriedatlas, von Simon, von Aegerter u. a., 
die sich durch die minutiöseste Felscharakteristik auszeichnen, zu verfolgen; hier 
dürfte es mich zu weit führen. Durch die gute Felszeichnung wird die Gebirgskarte 
zu einem reich detaillierten Landschaftsbild. 1 2 Aus ihm kann man unter Umständen 
auf die geologische Zusammensetzung der betreffenden Felspartien schließen. 3 Kud. 
Leuzinger war ein Meister der Felszeichnung, er hat nicht weniger als auf 
118 Blättern des Siegfriedatlas das Felsgelände gestochen. 4 Die gewissenhafte Fels 
darstellung auf den Schweizer Karten ist zu einem guten Teil, wie bereits angedeutet, 
auf den Einfluß Zieglers zurückzuführen. 
Wie in ein umfangreiches Kartenbild die Felspartien hineinzusetzen sind, zeigt 
zum erstenmale die Dufourkarte. Terrainformen, wie sie Gletscher und Felsen auf- 
weisen, lassen sich nicht in das Lehmannsche Prinzip hineinpressen, sie müssen in 
dividuell behandelt werden. Trotzdem müssen sie sich in das Gesamtkartenbild 
harmonisch einfügen und keinen unruhigen und unnatürlichen Eindruck hervor- 
rufen. 5 Etwas linksseitige Beleuchtung ist kein Fehler bei der Felsdarstellung. 
Ferner darf diese aus dem gesamten Terrainbilde nicht herausplatzen, sondern muß 
sich bei aller scharfen Charakteristik harmonisch der übrigen Geländedarstellung 
anpassen. Nur da, wo Preisen sporadisch auftreten, werden sie auffällig im Karten 
bilde hervortreten, wie z. B. die Gabbrosteinbrüche im Radautale auf dem Blatt 
Bad Harzburg der Topographischen Landeskarte des Herzogtums Braunschweig 
in 1 : 10000. Die neuesten gelungenen Versuche von Felsdarstellungen im Karten 
bilde bieten uns Karten der Sächsischen Schweiz (s. S. 98). 
Die Felszeichnung ist noch nicht am Ende ihrer Leistung angekommen. In 
dem Streben nach weiterer Vervollkommnung wird ihr die Fliegerphotographie den 
Weg weisen (S. 280). Das gilt insonderheit bei der schwierigsten Felszeichnung, 
1 Vgl. Karte der Ortles- und Adamellogruppe. Zu Dr. Lorentz’ Reise. 1:450000. P. M. 
1865, T. 2. 
2 Unter altern Karten mit ausgezeichneter Felszeichnung vgl. Karte der Terglougruppe in 
1:28800 bei V. Streffleur: Der Terglou in Oberkrain, eine topograph.-historische Skizze. Österr. 
Milit.-Z. 1860. I. S. 266—283. Die Karte ist angefertigt nach der Originalzeichnung des Obersten 
Weiß und durch den Ingenieur Möring in Lithographie ausgeführt. 
3 A. Penck: Alpenkarten. Leipzig 1904, S. 11. — Vgl. auch H. Siegfried, a. a. O., S. 29. 
4 Der ausgezeichnete, harmonisch wirkende Felsstich auf der wundervollen Montblanc-Karte 
1896 von X. Imfeld war eine der letzten Arbeiten Leuzingers. 
5 Wie z. B. auf Th. Trautweins Karte vom „Kaisergebirge“ in 1:50000 (H. Petters), trotzdem 
dazu 2 Reliefs von C. Babenstuber und Winkler benutzt wurden.
	        
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