Die Meisterjahre in der Geländedarstellung von der Mitte des 19. Jalirh. bis zur Gegenwart. 495
287. Das Hochbild oder das Relief. Trotz einzelner Vorzüge (bequem, leicht,
handlich) bleibt die Hochbildkarte ein mangelhafter Ersatz des Hochbildes. Das
Belief, obwohl ein naturähnliches, verkleinertes Abbild eines Landgebietes, ist keine
Karte mehr, der lediglich die Ausdehnung der Fläche zur Verwendung steht; es rechnet
als Modell mit den Ausdehnungsverhältnissen des Baumes. Wir halten nicht viel
von der Baumtreue des Beliefs. 1 Vielleicht ließe sich beim Hochbilde die Baumtreue
im Verhältnisse des Maßstabs rechtfertigen, wenn keine Überhöhung des Modells
vorkäme. Außerdem müßte bei größerer Ausdehnung der Krümmung der Erdober
fläche Bechnung getragen werden, wie es allerdings in vereinzelten Fällen auch ge
schehen ist. 1 2 Das Hochbild ist eine notwendige Ergänzung der Karte, bzw. der
Maßnahmen und Mittel, die in das Kartenverständnis einführen, zumal die Darstellung
der steilsten Formen in der Karte heute noch ein Problem ist, dessen vollkommene
Lösung immer noch aussteht. 3
Die ersten Beliefs weisen uns in das Land, in dem gleichsam die Natur aus sich
heraus zu einer Modellierung der Berge hindrängte. 4 Wir hören, daß Ludwig Pfyffer
die Schweiz in Wachs 1766—1785 modelliert hat. Fast zur gleichen Zeit hatte
J. E. Müller aus Engelberg sein Schweizer Hochbild geschaffen. Seitdem sind
die Alpenländer die bevorzugten Herstellungs- und Pflegestätten des Hochbildes
geblieben, besonders gefördert durch A. Heim, X. Ilfeld und S. Simon. 5 Aber auch
von vielen Mittelgebirgsgegenden und ausländischen Gebieten (Niederländisch-West-
und -Ostindien!) besitzen wir Hochbilder. Doch geht ihre Erörterung über die Grenzen
meiner Untersuchung hinaus, und ich verweise auf Ausführungen, die genügend über
das Belief orientieren. 6 Erfreulicherweise schließen die kartographischen Berichte
im Geographischen Jahrbuche die Hochbilder mit ein.
Wie ich bei der Betrachtung der Profile und Höhentableaus wegen der Über
höhungen zur Vorsicht gemahnt habe, muß ich hier vor den überhöhten Hochbildern
entschieden warnen. Im Beichspostmuseum zu Berlin befindet sich eine Belief-
karte von Mitteleuropa im Längemaß 1: 1500000 und im Höhenmaß 1:100000.
Heinrich Walger hat, wie es auf dem Modell heißt, nach den Generalstabskarten der
betreffenden Länder das Bild durch 10000 gemessene Punkte festgestellt und model
liert. Es ist aber keine Karte, sondern tatsächlich ein Hochbild und gibt den schlagenden
1 Vgl. über die Raumtreue das, was ich oben S. 500 ausgeführt habe.
2 Um den Mängeln bei der Ausdehnung der Hochbilder abzuhelfen, hat der Italiener C. Pomba
„gebogene Reliefbilder“ herausgegeben. — Vgl. hierzu K. Peucker: Studien an Pennesis Atlante
Scolastico. Mit. d. Geogr. Ges. Wien 1899. Heft 7 u. 8; desgl. Zur kartogr. Darstellung d. 3. Dimension.
G. Z. 1901, S. 24.
3 Vgl. E. Hammers Rezension über A. Pencks „Neue Karten und Reliefs der Alpen“ in P. M.
1905, LB. S. 29, 30.
4 General headsfor a natural history of a countrey, great or small, imparted by Rob. Boyle:
in den Philosophical transaktions Vol. I for A. 1666, No. III. Darin lesen wir auf S. 186—189,
daß die Insel Antibe als Relief in einer Breite von 8 Fuß nachgebildet worden sei.
5 Vgl. Schweizerische Landesausstellung Zürich 1883. Bericht über Gruppe 36. Kartographie
von K. C. Amrein. In Verbindg. m. d. Relief- u. d. Katasterwesen der Schweiz. Spezialberichte von
A, Heim u. J. Rebstein. Zürich 1884. — F. Becker: Die Schweizerische Kartographie an d. Welt-
ausstell. in Paris 1889 u. ihre neuen Ziele. Frauenfeld 1890, S. 34ff.
6 Vgl. R. Lehmann: Vorlesgn. a. a. O., S. 32ff. — K. Peucker: Neue Beiträge zur Syste
matik der Geotechnologie. Ein Rundblick üb. d. Reliefs u. Wandkarten usw. Mit. d. Geogr. Ges. in
Wien 1904, Heft 7 u. 8. — A. Penck: Neue Karten u. Reliefs der Alpen, l^eipzig 1904, S. 93ff. oder
i. G. Z. 1904, S. 26ff u. S. 95ff.