Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die morphographische Induktion. 
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ihre Anregungen und Arbeitsrichtungen mehr aus dem Gebiete der Topographie und 
Geodäsie und diese mehr aus dem der Geographie. An die Vereinigung beider 
Richtungen hat man noch nicht gedacht, obwohl auch da wertvolle und klärende 
Gesichtspunkte gewonnen werden würden. Hat der Geograph das theoretische Denken 
voraus, so der Topograph die längere Autopsie, infolge der ständigen Beschäftigung 
mit den Geländeformen. Manche nicht ganz einwandfreien Begriffe der neuern Morpho 
logie würden verschwinden oder auf ihr richtiges Maß zurückgeschraubt werden, wenn 
man die Formen unter „topographischer Brille“ betrachtet hätte. 
Eben weil die Analyse der Geländeformen auf der Karte eine genaue Kenntnis 
der Einzelformen voraussetzt, ist die technisch-morphologische Geländelehre nicht 
bloß ein wichtiges Kapitel der Geländeaufnahme, sondern auch der Morphologie wie 
der Kartographie selbst. Mit der äußern Form der Geländedarstellung, der Orographie, 
beschäftigt man. sich seit einem Jahrhundert, aber erst der neuern Zeit gelang es, mit 
einzelnen termini technici ein genetisches Element zu verbinden, dank der morpho 
logischen Forschungen verschiedener Geographen. Ein ganzes Gebäude der technisch 
morphologischen Geländelehre aufzubauen, würde mich weit über den Rahmen der 
hier bezweckten Forschungen und Grundlagen hinausführen; es kann sich nur darum 
handeln, auf einige typische Beispiele hinzuweisen, auf einige Formenelemente, die 
in der Morphologie selten oder nicht genügend gewürdigt sind. 1 
Die Entstehung der Scheitelformen (Kuppe, Rücken, Platte [Plateau]) muß 
besser als bisher entwickelt werden und sich im Kartenbild klar auslösen. Selbst 
redend werden Karten in Maßstäben vorausgesetzt, die die morphologischen Klein 
formen wiederzugeben gestatten. Also haben wir es da fast ausschließlich mit topo 
graphischen Karten zu tun. Morphologischen Großformen können auch die choro- 
graphischen Karten gerecht werden. In morphologischen Untersuchungen vermisse 
ich weiterhin die Unterscheidung von Längen- und Quersattel. Nicht übergangen 
sei, daß mit A. Philippson die bessere Hervorhebung der Quellgebiete und Wasser 
scheidelinien in die topographisch-kartographischen Kreise eingedrungen ist. 
Mit der Darlegung der Formen des Abhanges sieht es in den morphologischen 
Untersuchungen meistens recht ärmlich aus, obwohl sie kartographisch als fast voll 
ständig geklärt gelten können. Zu solchen Formen rechnen die Abhangsrücken, 
Rasten (Rückenabsätze), Absätze, Rückfallkuppen, Nasen, Rippen, schiefe Steile, 
Geländestufen. Damit bezeichnen wir die verschiedenen konvexen Formen des Ab 
hangs, denen die konkaven gegenüberstehen, also Mulden, Rinnen, Verschneidungen, 
Wasserrisse, Rachein, Gruben, Löcher und Trichter. 
Wie der Scheitel und der Abhang bietet der untere Teil des Berges, der Berg 
fuß, verschiedene Seiten der Betrachtung dar. Schon die Fußlinie, d. i. die Grenz 
linie mit der Basis, auf der er aufsteht, bietet ein besonderes Feld der Betrachtung. 
Umlaufberge und Inselberge haben eine andere Genesis als massigere Erhebungen 
und müssen dementsprechend im Kartenbild besonders behandelt werden. Beim 
Bergfuß unterscheidet man Rideaus (Vorhänge), Ravins, Muren, Schwemm- oder 
Schuttkegel. 
Mehr als für die einzelnen Bergformelemente hat die Kartographie aus der 
bisherigen Betrachtung morphologischer Talformen gewonnen. Freilich mit dem 
1 Zu obigen Ausführungen vgl. Fr. Härtner: Hand- und Lehrbuch der niedem Geodäsie. 
Fortgesetzt von J. Wastler, umgearbeitet von Ed. Dolezal. 10. Auf 1. II. Wien 1910. Darstellung 
der Vertikalaufnahme S. 309—337.
	        
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