Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
auf eine ganz allgemeine Geltendmachung der Hauptgrundsätze ankommen kann 
und daß selbst bei speziellem Entwürfen mancherlei Modifikationen zulässig sind, 
ohne das Prinzip selbst in seiner Klarheit und Wahrheit zu erschüttern. Seine Ein 
fachheit ist so groß, daß man es jedem unbefangenen Kinde in einer Viertelstunde 
begreiflich machen kann, und seine Konstruktion ist so fest und regelrecht, daß es 
jede Verbesserung und jeden soliden Anbau verträgt, ohne an seiner ursprünglichen 
Zweckmäßigkeit zu verlieren.“ 1 Im Gegensatz dazu urteilte später G. Bancalari, 
daß die Lehmannsche Methode „nicht sinnlich auf den weniger Vorgebildeten 
wirkt“ (sic!). 1 2 
Als ein feiner kritischer Kopf war sich E. v. Sydow trotz aller Anerkennung 
des Lehmannschen Systems auch seiner Mängel bewußt; rückhaltlos legt er sie dar: 
„Ebenso schwierig als es Lehmannschen Bergschraffen wird, in kleinen Maßstäben 
die Plastik sanft geböschter und niedriger positiver Terrainformen auszudrücken, 
ebenso selten glückt ihnen die Wiedergabe flacher Ausspülung der negativen Formen, 
die leichte Auskehlung der Hohlformen, wie wir sie namentlich an den Mulden sehen, 
welche zu beiden Seiten einer Einsattlung hinabziehen, denn nur zu leicht stoßen 
die Striche so scharf gegeneinander, daß sie eher streng markierte Einknickungen 
andeuten als flott ausgehöhlte Spülungen“. 3 In dieser Richtung hat die größte 
Schwierigkeit eine Dolinenkarte zu überwinden. Ich selbst habe versucht, auf Grund 
lage der Umgebungskarte von Triest in 1 : 14400 des k. k. Militärgeographischen 
Instituts in Wien eine Dolinenlandschaft des Karstes in 1 : 20000 zu bearbeiten. 4 
Auf dem Original in 1:14 400 lassen sich bei der senkrechten Beleuchtung der Dolinen- 
wände die Vertiefungen von den Erhebungen außerordentlich schwer, vielfach gar 
nicht unterscheiden. Ich half mir dadurch, daß ich den obern Rand und die mehr 
oder minder breite Bodenfläche der Schüssel- oder trichterförmigen Vertiefungen, 
die teils durch Einsturz, teils durch Erosion entstanden sind, mit einem Schicht 
linienzug umgrenzte. Auf diese Weise wird einigermaßen die Anschauung von Hohl 
formen, die ein Plateau blatternarbig durchsetzen, erweckt. 5 
301. Die Überhaltuiig der Schraffe. j n der Praxis wich Lehmann, wie wir oben 
Kti.lidn, vnn Qpr Kt.rAngan- mathematischen Basis ab, nämlich das Verhältnis der 
Zwischenräume zur Strichstärke nach dem von Cosinus und Sinus versus des Ein 
fallswinkels zu bestimmen. Denn nach solchem Verhältnis zu zeichnen, Avar für den 
Menschen rein unmöglich, Avie auch E. v. SydoAv in einem Brief an A. Steinhäuser 
1 E. v. Sydow: Drei Kartenklippen. Geokartogi’apliisclie Betrachtung. Geograph. Jahrb., 
hg. v. E. Behm. I. Gotha 1866, S. 351, 352. — Wiedergedruckt in O. Krümmel: Ausgewählte Stücke 
aus d. Klassikern der Geographie. Erste Reihe. Kiel u. Leipzig 1904, S. 164, 165. 
2 G. Bancalari: Studien über d. österr.-ung. Mil.-Kartographie. S.-A. Organ der militär- 
wissenschaftl. Vereine. Wien 1894, S. 69. 
3 E. v. Sydow: Der kartograph. Standpunkt Europas i. d. J. 1862 und 1863. P. M. 1863, S. 476. 
4 M. Eckert: Die Verwitterungsformen i. d. Alpen, insbes. i. d. Kalkalpen. Z. d. D. u. Ö. A.-V. 
1905, S. 31.. 
5 Dem Deutsch, u. Österr. Alpenverein hatte ich damals, a. a. O., S. 32, nahegelegt, die Aufnahme 
eines charakteristischen Karst- bzw. Dolmengebietes zu veranlassen. Bis jetzt ist man dieser Auf 
forderung noch nicht nachgekommen. Ich verkenne durchaus nicht die Schwierigkeit der Aufnahme 
einer solchen Karte, die der einer Karrenkarte fast gleichkommt. Freilich muß sich der Kartograph 
in dem Dolinengebiet seine Zeichnung erwandert haben; dadurch kann nur die gewünschte Anschaulich 
keit des Kartenbildes gewonnen werden.
	        
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