Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

J. G. Lehmann und sein System. 
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in eine Summe feiner Striche, deren Anzahl (60 Striche) bei 5° Neigung die gleiche 
ist wie bei 40° Neigung, nur an Stärke haben sie zugenommen. Da die weißen Zwischen 
räume auf ein Minimum herabgemindert sind, graphisch vielfach nicht darstellbar, 
faßt Lehmann bereits mehrere Schattenstriche bei großem Neigungen zusammen. 
Die zeichnerische Möglichkeit einer großem Anzahl von Strichen für einen be 
stimmten Baum hat die Kartographen später noch öfters beschäftigt und ver 
schiedene Zeichenvorschriften auf stellen lassen. 
303. Die Schraffen als Großkreisschnitte. Eine originelle Erklärungsweise der 
Lehmannschen Schraffen tritt uns in Peuckers Neuen Beiträgen zur Systematik 
der Geotechnologie entgegen. 1 Sie hatte seinerzeit zu harten Kritiken Anlaß gegeben. 
Zunächst wollen wir Peucker selbst so ausführlich wie möglich zu Worte kommen 
lassen 1 2 , bevor wir uns dazu äußern. Er geht davon aus, daß die Geländeformen mü 
der sphärischen Erdform zusammen ein untrennbares Ganze bilden, was man siclp_ 
bei einer eingehenden Würdigung des Lehmannschen Systems stets vor Augen halten 
muß. Da aber Lehmann zu der etwas tiefem und umfassendem Analyse seiner eignen 
Darstellungsmethode nicht durchgedrungen ist, versucht sie nun nachträglich Peucker 
zu geben, nachdem er sie damit einleitet, daß man Lehmann heute nur als den Er 
finder einer guten Schablone ansieht, die alles Nachdenken erübrigt, oder ihm die 
Urheberschaft der Schablone verübelt oder in ihr schließlich doch eine gewisse exakte 
Grundlage erkennen muß, was in unbequemem Widerspruch zu der vorgefaßten 
Meinung verschiedener Kartenpraktiker und -kritiker steht, nach der die Gelände- 
darstellung keine exakte Behandlung vertrage. 
„Lehmann legte den Bildelementen seiner Böschungen die Gefällslinien zu 
grunde; diese verlaufen in Vertikalebenen, lassen sich also als Schnittlinien von 
Großkreisebenen auffassen. Nun sind bekanntlich auch die Meridiane Schnittlinien 
von Großkreisebenen; die geometrische Natur der Schraffen ist also identisch mit 
derjenigen der Meridiane. 
Er zog die Schraffen normal zu den Horizontalen aus. Nun verlaufen die Meri 
diane normal zu den Breitenkreisen und diese ordnen sich dem allgemeinen Begriife 
der Kleinkreise unter, sind als Schnitte von Kleinkreisebenen zu denken. Klein 
kreise sind Gebilde, die an der Kugel alle Systeme von Großkreisen, innerhalb eines 
jeden untereinander parallel, senkrecht schneiden. Die zu den Großkreisschnitten 
normal (senkrecht) verlaufenden Horizontalen oder Isohypsen lassen sich also eben 
falls als Schnitte von Kleinkreisebenen auffassen. (Man muß hier zwischen den Iso 
hypsen selber und den von ihnen begrenzten Schichtflächen unterscheiden. Nur jene 
lassen sich als Schnitte von Kleinkreisebenen auffassen; diese sind unabhängig hier 
von konzentrische Niveauflächen. Die Isohypsen aber sind gleichzeitig Kleinkreis- 
sclmitte und Niveauflächengrenzen, weil die Gefällslinien zu beiden normal ver 
laufen.) 
Die Geländedarstellung in Schichtlinien und Schraffen hat mit der Darstellung 
der sphärischen Form ein und dieselbe geometrische Grundlage, das Lambert-Tissotsclie 
System der normalen und schiefachsigen Groß- und Kleinkreise. 
1 K. Peucker: Neue Beiträge zur Systematik der Geotechnologie. Ein Rundblick üb. d. 
Reliefs u. Wandkarten der Wiener Ausstellung neuer Lehr- u. Anschauungsmittel (1903). S.-A. Mit. 
d. Geogr. Ges. i. Wien 1904. Heft 7 u. 8. 
2 K. Peucker, a. a. O., S. 38-41 [316-319].
	        
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