Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung. 
Wenn inan sich erinnert, daß die Küstenlinie des Landes in einer Isohypse ver 
läuft, die Flüsse dagegen in Gefällslinien, so sieht man zugleich auch die wesentlichen 
Teile des Gerippes der Karte in jener großen Einheitlichkeit aufgehen. 
Die gesamte Darstellung der sphärisch-topographischen Erdform läßt sich auf 
zwei Grundgebilde der projektiven Geometrie zurückführen: auf die Ebenen der 
Großkreise und die jedes Bündel derselben senkrecht durchschneidenden Klein 
kreisebenen. 
Die Achsen der darstellenden Teile der ganzen Mannigfaltigkeit dieser um den 
Erdmittelpunkt sich anordnenden normal- und schiefachsigen Ebenensysteme sind 
die (normale) Erdachse — für die sphärische Horizontalform — und die schiefen 
Achsen jener einfach definierbaren stereometrischen Formen, d. h. zumeist Kegel, 
aus deren Teilen sich für die geometrische Darstellung das Gelände zusammensetzt. 
Jede in sich homogen dargestellte Böschung bildet die orthogonale Projektion eines 
Kegelmantels auf die Niveaufläche, wobei die Darstellung erfolgt durch die Schnitt 
linien jener Scharen von Kleinkreisebenen, die sie im Sinne von Leitlinien an Kegel 
mänteln schneiden. Wir haben also in den Linien einer topographischen Karte mit 
Isohypsen und Lehmannschen Schraffen eine Mannigfaltigkeit schiefachsiger und 
ineinander eingreifender Systeme von Groß- und Kleinkreisschnitten in die Erdform 
vor uns; und wenn das einzelne normale System, das im Gradnetz einer geographischen 
Karte vorliegt, als am Rumpfe der Erde ausgezogen, in großräumiger oder makro 
graphischer Ausbildung besteht, läßt sich die Ausbildung des Systems an den Gliedern 
der Erdform als kleinräumig oder mikrographisch bezeichnen.“ 
Auf vorstehende Erörterungen gestützt, schließt Peucker von Krümmungs 
halbmessern der Schnittkurven von Längen- und Breitenkreisen der Erde auf solche 
von Karten, wobei die Schnittkurven von Isohypsenelementen und Schraffen ge 
bildet werden. „Die Krümmungsradien selbst liegen den Schraffen zugrunde, sind 
aber selten bis zum Zentrum bzw. dem Hauptpunkte (Pol) des Systems ausgezogen. 
Die nächstbenachbarten Böschungen kommen immer wieder durch Systeme zur Dar 
stellung, deren Achsen am Urbilde eine andere Raumlage haben, und so unterbrechen 
sich ihre Bilder gegenseitig. Nur Gipfelpunkte erscheinen durch Hauptpunkte dar 
gestellt. 
Jedes von diesen Grundriß bildern einer Böschung entspricht, zum geschlossenen 
Kreise ergänzt, dem Netzentwurfe einer Polarkarte in orthographischer Projektion 
auf die Äquatorebene. Nur haben die Großkreisschnitte am Gelände nicht den Sinn 
exakter Grundlagen für die Messung (etwa des Azimuts der Auslage), wie an der 
Sphäre. Die zu ihnen normal verlaufenden Kleinkreiskurven genügen bei ihrer Klein 
räumigkeit durchaus zur Darstellung der Lage der Böschung in ihrer Projektion auf 
die Bildebene. Es ist also nicht nötig, jene Hauptkreisschnitte in gleichen Winkel 
abständen um die zugehörige Achse auszuziehen wie am Polarnetz; so wird also die 
Art und Weise ihrer Anwendung, ja (wenn es einmal auf andere Vorzüge der Dar 
stellung in Großkreisschnitten, d. i. Schraffen, nicht ankommt) die ganze Fläche 
zwischen den Höhenlinien für die Darstellung der Raumlage der Böschung frei.“ 
Die Grundgedanken der Peuckerschen Analyse gipfeln in dem Vergleich zwischen 
Gradnetz der Erde und Schraffe mit zugehöriger Isohypse. Im weitern Verlauf der 
Erörterungen werden sie noch mannigfach variiert, schließlich leiten sie zu Peuckers 
Lieblingsthema, zur Farbenplastik, über. Unwillkürlich wird man sich fragen: Trägt 
Peuckers Auffassung zur Klärung oder Förderung des Schraffenproblems wesentlich
	        
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